
Man weiß nicht, über welche Zumutung man sich dieser Tage mehr aufregen soll: Die Heuchler oder die Schönredner. Zum einen sind da die Moralisten, die soziales Füreinender und „Nächstenliebe“ predigen und neues, romantisiertes „Wir-Gefühl“ beschwören, das Solidarität mit den Leidtragenden der Krise bedinge. Zum anderen die Abwiegler, die im Zuge der öffentlichen Beruhigung den Menschen Sand in die Augen streuen und völlig unrealistische Zusagen machen.
Zur ersten Sorte gehören auf besonders penetrante Weise Medienvertreter, die die Krise zur Selbstbeweihräucherung und -profilierung schamlos nutzen; zur zweiten Politiker, die mit Propagandalügen und amtlichen Verlautbarungen, denen keiner mehr glaubt, erst recht zur Verunsicherung beitragen.
WDR-„Monitor“-Volkserzieher Georg Restle wartete mit einem besonders schlauen Vorschlag auf: Gewerbliche Vermieter sollten ihren notleidenden Geschäftsmietern oder Pächtern doch mal mit einem großzügigen Miet-Erlass entgegenkommen:Gelenke hören sofort auf zu schmerzen. 1 mal pro Tag machenWerbung von Ad.Style

Wohlfeile Doppelmoral auf Kosten anderer, der vermeintlich im Geld badenden Besitzenden, die ja vermeintlich locker auf Mieteinnahmen verzichten können, die entweder genug Knete im Geldspeicher haben oder deren Hauskredite sich ja von selbst bezahlen – und das von Seiten öffentlich-rechtlicher Sender, für die ab sofort – dank gerade beschlossener Gebührenerhöhung – sogar noch mehr Zwangsgeld berappt werden muss: Was sonst soll man von Topverdiener Restle erwarten, dessen Einkommen gesichert ist. Wie wäre es, wenn er selbst ab sofort die Hälfte seines Monatssalärs spendet?
Die andere, nicht minder ärgerliche Kategorie von Zumutungen dieser Tage ist die der Schönredner und Verharmloser aus der Politik: aus dem einerseits zwar verständlichen, andererseits jedoch letztlich kontraproduktiven Bemühen, bitte Wahrheiten längstmöglich zu leugnen, geben sie sprachliche „Beruhigungspillen“ heraus, die meist schon wenig später durch die Realität widerlegt werden. Damit erweisen sie dem eigentlichen Ziel eines rational-besonnenen öffentlichen Verhaltens jedoch einen Bärendienst: Niemand schenkt den offiziellen Ankündigungen mehr Glauben. Noch am Samstag erklärte die Regierung die Gerüchte, das öffentliche Leben werde eingeschränkt, zu „Fake-News“ – nur um sie zwei Tage später exakt so umzusetzen.

Man darf annehmen, dass es auch mit den Ausgangssperren in wenigen Tagen exakt wieder so kommen wird – die aktuell noch ausgeschlossen werden. Und gestern war es dann im „hart aber fair“-Special zur Corona-Krise Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der kühne Zusagen machte, niemand werde seinen Job verlieren – eine groteske These, die schon jetzt massenweise durch die Wirklichkeit überholt wird:

Welche fatalen Folgen solche blauäugigen und naiven Aussagen, die kurz darauf widerlegt werden, für die Vertrauenswürdigkeit der Regierungsverlautbarungen haben, zeigt sich aktuell gerade an den Hamsterkäufen im Land. Die Regierung wird seit Tagen nicht müde, die Versorgungssicherheit zu betonen, und verspricht, es käme zu keinen Engpässen. Vermutlich kaufen viele Menschen gerade deshalb soviel ein, weil sie im Lichte der bisherigen Ereignisse das Gegenteil befürchten – und erzeugen damit erst den Effekt als „selbsterfüllende Prophezeihung“. (DM)
übernommen aus:jouwatch
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