Die „große Transformation“ und der EU-Postenschacher

Der G20-Gipfel in Osaka, die grün-rote Intoleranz, die neomarxistische Ideologie von der Großen Transformation sowie der EU-Postenschacher

Von Peter Helmes

Die Mißachtung aller demokratischen Regeln ist bereits weitgehend von den grün-roten Ideologen und Polit-Funktionären zur politischen Zementierung der grün-roten „Heilslehre“ von der „großen Transformation“ in die Tat umgesetzt worden.

So sollten in der Gipfel-Erklärung der G20 in Osaka im Schlußkommuniqué die Klimavereinbarungen als verpflichtend und unumkehrbar für alle Zeiten festgelegt werden.

Die gleiche absolutistisch-totalitäre Strategie der grün-roten Chef-Ideologen von der neuen marxistischen Ideologie der „Großen Transformation“ fand sich schon beim Kyoto-Protokoll und beim Pariser Klimagipfel-Abkommen und wurde zum Leidwesen aller anständigen Demokraten von vielen Staatslenkern unterschrieben. Dümmer geht’s nimmer!

Angela Merkel drängelte sich fast vor, um das Ganze doch bitte als Erste unterschreiben zu dürfen.

Bereits in den Abkommen von Kyoto und Paris entpuppte sich deutlich und klar die neue Strategie der grün-roten Neomarxisten:

Da man – übrigens bis heute – weiterhin sicher davon ausgehen kann, daß demokratische Mehrheiten für grün-rote demokratie- und freiheitsfeindliche Politziele durch freie Wahlen nicht erzielt werden können, mußte man den eigentlichen Souverän in einer Demokratie, die Wähler eines Volkes, totalitär aus der direkten Entscheidungsebene rauskatapultieren.

Die gleiche Vorgehensweise, den Wähler in Europa bei den wichtigsten politischen Entscheidungen zu umgehen, zu entmündigen und ihm jedes Mitbestimmungsrecht zu rauben – das glauben vor allem die „Grünen“ mittels der Regeln des Internationalen Vertragsrechts realisieren zu können.

Wenn sich demokratisch gewählte Regierungschefs nach ihrer Wahl radikal und gegen jeden Wählerwillen, aber auch gegen die von den Politikern im Wahlkampf getätigten Äußerungen dazu hinreißen lassen, nun plötzlich staats- und demokratiefeindliche „internationale Verträge“ zu unterzeichnen, deren Texte vorher von der politischen Minderheit der grün-roten neomarxistischen „Klimawandel“-Ideologen an jeder Wahrheit und Wirklichkeit vorbei vorformuliert worden waren, dann existiert zwar ein international bindender Vertrag, aber die Art und Weise seiner Unterzeichnung ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden demokratischen Wählers – und letztlich ist das eine Bankrott-Erklärung bezüglich aller demokratischen Spielregeln.

Die „Grün-Roten“ wissen, daß sie keine ernstzunehmenden Wahlchancen haben, demokratische Mehrheiten für ihre utopistisch-marxistischen und totalitär-freiheitsfeindlichen Irrlehren erreichen zu können. Deshalb beschritten sie bereits in den neunziger Jahren die Strategie, das internationale Vertragsrecht für ihre Minderheiten-Positionen zu mißbrauchen.

Zum „Kyoto-Protokoll“ und zum „Pariser Klima-Abkommen“ wurden die Wähler zu keinem Zeitpunkt gefragt. Alle Entscheidungen zu Fragen des „anthropogenen Klimawandels durch CO2-Emissionen“ in den letzten Jahren und Jahrzehnten erfolgten strikt unter Umgehung demokratischer Abstimmungen durch die Wähler, den Volks-Souverän.

Mittlerweile fordert das Bundesumweltamt einen „Aufschlag“, eine Steuer auf CO2 – ebenso wie Svenja Schulze, Umweltministerin (SPD) und Initiatorin, sozusagen in „Stall-Gehorsam“ zu dem von ihr pubertär vergötterten H.J. Schellnhuber und den anderen grün-roten Linksideologen des PIK (Potsdam-Institut für Klimaforschung).

Diese CO2-Seuer soll nicht deshalb eingeführt werden, daß die CO2-Emissionen zurückgehen, sondern sie dienen den von den arabischen Ländern wie Saudi-Arabien und von China geforderten Kompensationszahlungen für deren Bereitschaft, Öl und Kohle nicht mehr in dem Maße zu fördern wie bisher, sondern diese fossilen, kohlenstoffhaltigen Energieträger „in der Erde“ zu belassen.

Dies ist übrigens eine von keinem Land und von keinem Kontinent mehr zahlbare Geldsumme in Höhe von – vorsichtig geschätzt – 200 Billionen Euro pro Jahr! Zum Vergleich: Die deutsche Staatsverschuldung, die allseits beklagt wird, beträgt 2 Billionen Euro – und wir wissen nicht, wie wir diese Schulden zurückzahlen können, um unseren Kindern eine „Zukunft“ zu garantieren.

Wie also soll es uns gelingen, mit der von Svenja Schulze geforderten CO2-Steuer auch nur lediglich 0,01% der von China und den VAE geforderten Kompensationszahlungen tätigen zu können?

Auch die Tatsache, daß Svenja Schulze dem Land China das Attribut eines „Schwellenlandes“ (früher „Dritte Welt“ genannt) zukommen läßt, zeigt, daß sie noch nicht einmal die Rolle Chinas in der Welt kapiert hat! China ist demnächst – in greifbar naher Zeit – die führende Industrie-Nation der Welt!

Bepreisung des CO2

Die „Bepreisung des CO2“ ist bereits seit mindestens 2011 eine der zentralen Forderungen des WBGU im Rahmen der neuen linksradikalen Ideologie von der „großen Transformation“ (siehe u.a. conservo) – jetzt soll Schulze diejenige sein, die erstmals diese „Bepreisung“ eines Spurengases in die Tat umsetzen will, das nur mit 0,038% – kaum messbar – in unserer Luft vorkommt und niemals an einem Klimawandel schuld sein kann.

Ob es in naher Zukunft einen Klimawandel geben wird, das kann niemand voraussagen. Aber selbst wenn sich unser Klima wandeln sollte – z.B. durch eine drastische Zunahme der Sonnenflecken und hieraus bedingter intensiverer Sonneneinwirkung auf die Erde – so wird „Grün-Rot“ stur daran festhalten (müssen), daß CO2-Emissionen daran schuld sind. Anders bekommt man den „bösen Kapitalismus“ und die „Klima-zerstörenden bösen Kapitalisten“ nicht in den Fokus des grün-roten Fadenkreuzes der gerade ablaufenden neomarxistischen, demokratievernichtenden Revolution der „Großen Transformation“.

Kommen wir noch einmal zurück auf die zuerst bereits geplante G20-Erklärung, die zum Glück durch verantwortungsvolle Länder wie z.B. die USA gekippt werden konnte:

„Unumkehrbare Klimavereinbarungen“ – „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“

Im vorformulierten Schluß-Kommuniqué des G20-Gipfels sollten bestimmte „Klimavereinbarungen“ als verpflichtend und unumkehrbar für alle Zeiten festgelegt werden.

Die Klimaziele waren und sind derart „verpflichtend und unumkehrbar“, daß der Chef-Ideologe der „großen Transformation“, H.J. Schellnhuber, diese seine Ziele in kürzester Zeit bereits dreimal abgeändert hat seit 2009:

Zuerst legte er sich darauf fest, daß mit „seinen Klimaschutz-Maßnahmen“ die mittlere Temperatur auf dem Planeten bis 2050 nicht über 4 Grad Celsius ansteigen dürfe. Das hätten neueste wissenschaftliche Erkenntnisse (gemeint sind die höchst aktuellen „wissenschaftlichen Arbeiten“ der führenden „Klimawandel-Forscher“ von 1824 (Joseph Fourier) und 1896 (Svante Arrhenius).

Dann – nach dem Jahr 2011 – korrigierte sich Schellnhuber dahingehend, daß nun eine Begrenzung auf maximal plus zwei Grad Celsius erforderlich sei – verpflichtend und unumkehrbar! Das hätten die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse eindeutig und bestens bewiesen und so als endgültigen unteren Grenzwert ergeben.

Kurz vor der „Kattowitz-Klimakonferenz 2018“ sagte der gleiche Schellnhuber:

Der Grenzwert von maximal plus 1,5 Grad Celsius bei der mittleren Erderwärmung sei nun der neu ermittelte, endgültig gefundene Wert – „eindeutig und wissenschaftlich fehlerfrei ermittelt“ – bis 2050 müsse das erreicht werden. Der Wert von plus 1,5 Grad Celsius sei verpflichtend und unumkehrbar…

Und ich prophezeie:

Noch in diesem Jahr wird dieser Wert „aufgrund neuester wissenschaftlicher Forschungen, die das „fehlerfrei“ ergeben haben, auf neue „plus 1 Grad Celsius“ weiter abgesenkt werden, weil Herr Schellnhuber immer „sehr zuverlässige, unumstößlich ermittelte Grenzwerte“ auf Lager hat: „verpflichtend und unumkehrbar“…

Angela Merkel war beim G20-Gipfel nur allzu gern bereit gewesen, diesen Unsinn zu unterschreiben und damit unumkehrbar die totalitär-antidemokratische Ideologie der „NWO“ ein für alle Mal – „unveränderbar und unumstößlich für immer“ – festzuschreiben.

„Verpflichtend und unumkehrbar“ – so lautete der Text-Vorschlag für den G20-Gipfel in Osaka wörtlich! (Hatten wir das nicht schon von Schellnhuber oft gehört – aber jedesmal anders und „unumkehrbar!)

Das erinnert an die unseligen Zeiten während der „Inquisition“, als man trotz besseren Wissens durch Galileo Galilei am ptolemäischen Weltbild der „Erde als Zentrum des Weltalls“ verpflichtend und unumstößlich festhielt und jeden niedermachte, der es wagte, diese „falsche Erkenntnis“ infrage zu stellen.

„Klimawandel-Kritiker“ (das sind übrigens keine „Klimaleugner“, wie grün-rote Dummköpfe immer wieder behaupten – denn daß es ein „Klima“ gibt, das leugnet niemand!) – also: Klimawandel-Kritiker, die das CO2 als Ursache wissenschaftlich sicher ausschließen konnten, werden deshalb von Grün-Rot gnadenlos verfolgt, niedergemacht, zum Schweigen verurteilt – wie einst Galileo Galilei.

Wo wäre die Menschheit heute, wenn diese Inquisitoren mit ihrem falschen Weltbild von der „Erde als Scheibe“ im Rahmen ihrer Macht sich bis heute durchgesetzt hätten? Hätte man die „Chinesische Mauer“ verlängert und „rund um die Erdscheibe“ gezogen, damit wir nicht „vom Erden-Tellerrand runterfallen“? Was meinen Sie, Herr Schellnhuber? Herr Edenhofer? Herr Leggewie?

Und wo gelangen wir hin, wenn wir das CO2 mit seinen 0,038% Konzentration in der Luft (ein Spurengas) als Klimawandel-Ursache – z.B. „um des lieben Friedenns willen“ – oder auch nur rein „opportunistisch“ anerkennen und damit den Zusammenbruch unserer Wirtschaftsstrukturen provozieren, die dann durch die sozialistische Planwirtschaft und ein leninistisches Räte-System pervertiert und abgelöst würden?

Und auch hier haben die Ideologen von der „großen Transformation“ bereits heute eine riesige Mauer gebaut – in den Köpfen von Pseudo-Wissenschaftlern (die sich „Klimaforscher“ nennen), die allen anderen seriösen und kritischen Wissenschaftlern verbieten, der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen, die bittere Wahrheit der auf uns zukommenden neuen Diktatur der „großen Transformation“!

Hat die Welt denn aus Hitlers Machtübernahme nichts gelernt? Hat denn wirklich niemand gemerkt, daß wir uns zeitlich kurz davor befinden, uns durch unser Schweigen und unsere Passivität zu Steigbügelhaltern dieser neuen linksextremistischen Diktatur gemacht zu haben?

Allein nur heute, im „Hier und Jetzt“, konnte jeder aufmerksame wahre Demokrat in den Nachrichten (ARD/ZDF) zahlreiche weitere grobe Verstöße gegen alle demokratischen Grundregeln erfahren, die zum Teil von den Nachrichtenredaktionen „freudig begrüßt“ wurden.

So geschieht es mehrmals – tagtäglich!

Zum Beispiel in der Frage, wer zukünftig EU-Kommissionspräsident werden soll:

Bisher wurde das der Vorsitzende der größten Fraktion im Europa-Parlament, der als Spitzenkandidat die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Vor wenigen Wochen haben die Wähler europaweit die Fraktion der EVP und deren Vorsitzenden und Frontmann Manfred Weber mit großer Mehrheit gewählt – völlig gleichgültig, ob man diesen Mann mag oder nicht. Das ist Tatsache! Er erhielt die meisten Stimmen!

Gleichzeitig wurden die Sozialdemokraten und Sozialisten vom Wähler abgestraft und mußten massive Stimmenverluste verzeichnen!

Und trotz dieser hohen Stimmenverluste der Sozialdemokraten sollte nun – auf besonderen Wunsch des Herrn Macron (der sich ja eigentlich ideologisch den Linksliberalen zugeordnet sehen will) – der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, Frans Timmermans , EU-Kommissionspräsident werden.

Wer ist eigentlich dieses Jüngelchen Macron, daß er sich das Recht herausnimmt, demokratische Mehrheiten und jeden einzelnen Wähler bei den Europa-Wahlen derart arrogant zu mißachten?

Timmermans als EU-Kommissionspräsident von „Macrons Gnaden“? Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Wähler bei den letzten Europa-Wahlen. Und wer schlägt auf uns Wähler als erstes drauf und erfüllt diesem selbst in seinem eigenen Land verhaßten Macron dessen undemokratischen Wunsch?

Ja, ist doch klar: unsere Kanzlerin Angela Merkel, die offenbar keinen Gott und kein Gebot kennt, wenn es darum geht, unsere repräsentative Demokratie abzuschaffen und durch ein autoritär-totalitäres System („die große Transformation“) zu ersetzen.

Die Entscheidung fällt heute (geplant) – aber es würde mich sehr wundern, wenn man in dieser Frage den Mehrheitswillen der Wähler ernstnehmen und berücksichtigen würde.

Quo vadis, Europa? Quo vadis, Deutschland?

Willkommen in Frankfurt, Madame Lagarde

Lagarde sagte als frisch gebackene Chefin des Internationalen Währungsfonds: „Wir verletzten alle Rechtsvorschriften, weil wir einig auftreten und wirklich die Eurozone retten wollten (…) Der Vertrag von Lissabon war eindeutig. Keine Rettungsaktionen.“

„Es gibt nur zwei wirkliche Unglücke im Leben eines Menschen: Nicht zu bekommen was man will – oder zu bekommen was man will!“ – Oscar Wilde

Weidmanns Heil

Den Satz des geistreichen Iren schicke ich vorweg als Trost für Bundesbankpräsident Weidmann dafür, dass er nicht Präsident des gröZombaZ, des größten Zombies aller Zeiten, der Zentralbank der EU, wird. Denn wäre sein gar nicht heimlicher Wunsch in Erfüllung gegangen, hätte er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Kollaps dieser fehlkonstruierten Vermögensvernichtungsmaschine präsidieren dürfen.

Lieber Herr Weidmann, das wäre nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen! Jetzt, da unsere in den erlauchten Kreis der Harvard-Erleuchteten aufgenommene Kanzlerin sich entschlossen hat, statt ihrer Person die Antwort Frankreichs auf Uschis Stahlhelmfrisur, Madame Christine Lagarde auf den wackelnden Thron der Druckerpresse zu hieven, können Sie übrigens auch wieder frei von der Leber sagen, was Sache ist und müssen nicht den eher sinnlosen Versuch fortsetzen, wahlkampftechnisch die Realität zu kneten, um in der EU Knoblauchgürtel (Das ist kulinarisch als Lob gedacht!) Akzeptanz zu finden. Denn in der größten moralischen Krise des Kontinents seit 1945 dürfen wir eine Sache als abgemacht betrachten: Nur wer die Dinge beim Namen nennt, wird bestehen.

Amakudari. Japanisch für Abstieg vom Himmel

Wenden wir uns also der Dame zu, die gewissermaßen nach japanischer Amakudari-Manier (Japanisch: „Abstieg vom Himmel“; bezeichnet den Übergang von hohen Ministerialbeamten in die Führungsriege japanischer Großunternehmen) vom Washingtoner Olymp des Internationalen Währungsfonds in die irdischen Gefilde der westlichen Äpelwoi-Hauptstadt herabschreiten wird, um mit ihrem stahlgrünen Super Woman-Laserblick Kritiker und Skeptiker in die Schranken zu verweisen.

Es wäre müßig, sich an dieser Stelle lange mit dem Umstand aufzuhalten, dass diese Reise das Ergebnis eines Kuhhandels zwischen „chère Angela“ und „ami Emmanuel“ (Küsschen, Küsschen) ist. Etwas anderes in dieser EU zu erwarten, deren Markenzeichen der Hinterzimmerhandel und deren passendes Wappentier eben jene Kuh sein sollte, die ihn so passend repräsentiert, fällt unter den Superlativ von naiv. Was bitteschön anderes wollen Sie von einer Institution erwarten, die bei der Wahl zu ihrer vermeintlichen Volksvertretung ein Klassenwahlrecht zur Anwendung bringt, bei der eine Luxemburger Wählerstimme 10 mal so wertvoll ist wie eine Deutsche? Dass die Staats- und Regierungschefs im Zweifel diese Versammlung, die ungefähr so viel mit einem Parlament zu tun hat wie ein Kinderkaufmannsladen mit einem Supermarkt (dann geh doch zu netto!), mitleidig lächelnd ignorieren, ist nur folgerichtig. Ab und zu blitzt halt die Wahrheit zwischen den Spiegelwelten der Räterepublik von Brüssel hervor.

Nimm vom Staat das Recht weg, was bleibt dann als eine große Räuberbande – Hl. Augustinus

Viel wichtiger aber ist die Frage: Was ist das für eine Person, der man jetzt die Führung der Schattenregierung der EU, dem wahren Politbüro dieser EU-Räterepublik anvertraut?

Da bietet sich ein Zitat an, welches Madame Lagarde gerade passend im Zusammenhang mit der Rettung diverser Länder am Beginn der Eurokrise in ihrer Rolle als damals frisch gebackene Chefin des Internationalen Währungsfonds in die Landschaft gestellt hat, als wäre der Rechtsbruch die normalste Sache auf der Welt: „Wir verletzten alle Rechtsvorschriften, weil wir einig auftreten und wirklich die Eurozone retten wollten (…) Der Vertrag von Lissabon war eindeutig. Keine Rettungsaktionen.“

So etwas nennt man in anderen Kreisen ein Geständnis. Im Land von Herrn Draghi würde man sagen: „Sie hat gesungen“.

Es präzisiert immerhin den wesentlich schwammigeren Satz von Herrn Draghi vom „Whatever it takes“, vom „Alles was nötig ist“, um den Untergang des Euro hinauszuzögern. Ich sage bewusst „hinauszögern“ und nicht „retten“, weil letzteres ohnehin nicht mehr möglich ist. Kombiniert man den Satz von Herrn Draghi mit dem von Madame Lagarde, dann wird deutlich, dass der Rechtsbruch nötig war, ist und auch weiterhin bleibt, um die monetäre Matrix, die eine funktionierende Marktwirtschaft vorgaukelnde Scheinwelt des Eurosystems noch eine Weile aufrecht zu erhalten.

Stellenbeschreibung: Helikopterflugschein erwünscht

Immerhin kommt Frau Lagarde mit dem Handwerkszeug, das man braucht, um die ganze Klaviatur des Fiat-Geldsystems solange zu spielen, bis das letzte bisschen Vermögen aus den Sparern dieses Kontinents zugunsten der korrupten Party einer auf Wahlversprechen, Gießkannen und Stimmenkauf angelegten politischen Klasse herausgepresst ist. Wir dürfen uns darauf einstellen, dass der finale Kollaps erst kommt, wenn alle Mittel der Druckerpresse, des Helikoptergeldes, des Umbaus der EZB in die größte Bad-Bank aller Zeiten und der Umverteilung von Nord nach Süd ausgeschöpft sind.

Ihr Lebenslauf spricht dafür, dass sie es technisch voll im Griff hat, die Dose so lange die Straße hinabzutreten, bis keine Straße mehr da ist. Sie wird auch nicht aus der Reihe tanzen und auf die Idee kommen, dass fundamentale Änderungen notwendig sind. Immerhin war sie in ihrer Jugend Mitglied der französischen Nationalmannschaft im Synchronschwimmen. Wir können uns also darauf verlassen, dass sie weiß, wie man in Reih und Glied bleibt, staatstragend und konform bis zum Ende. Dass die ENA sie nicht haben wollte ist ja jetzt bedeutungslos, schließlich schafft „ami Emmanuel“ den schon früher nach Strasbourg (Französisch-Sibirien) verbannten Eliteladen gerade ab. Ansonsten finden wir in ihrem CV das gesamte technokratische Beiwerk der Lebensläufe gallischer Politiker. Ein paar Kratzer (Tapie-Affäre), aber nichts Lebens- äh, Karrierebedrohliches.

Aus all dem können wir schlussfolgern, dass es ungefähr so laufen wird, als hätte sich Herr Draghi transgendern, in Frankreich einbürgern und wieder aufstellen lassen. Die Zinsen bleiben schön unter null, die Manipulation der Märkte durch Anleihen-Kauf geht weiter. Dafür spricht auch das Gemeinschaftswerk, welches EZB und IWF erst vor wenigen Monaten zu der Frage aufgelegt haben, wie man noch sehr viel tiefere Negativzinsen durchsetzen könnte. Hier bei Tichy wurde darüber berichtet.

Eisberg voraus! Volldampf, die EUtanic ist unsinkbar!

Das Alles wird aber an einer Sache nichts ändern: Dass diese Politik das Bankensystem durch Ertragsverfall und Zombifizierung soweit ausgehöhlt hat, dass sein Kollaps bevorsteht. Die dann von der EZB zu finanzierende Rettungsorgie wird die vermeintlich unbegrenzte Feuerkraft der Druckerpresse an ihr Limit führen. Hier mein Formulierungsvorschlag für Madame Lagarde, wenn sie die Pressekonferenz abhält, mit der sich die Euromünzen zum abgeschlossenen Sammelgebiet mausern werden: „Wir setzten uns über alle Lehrbücher der Geldtheorie und Geldpolitik hinweg, weil wir die Eurozone wirklich retten wollten (…) Die Lehren aus 5.000 Jahren Geld- und Wirtschaftsgeschichte waren eindeutig. Der Euro war nie zu retten.“

Bonne chance!

Great news! Nach Slowenien jetzt auch Österreich -Privatisierung des Trinkwassers ist verfassungsrechtlich verboten!

Slowenien war das erste europäische Land, das das Recht auf Wasser in seine Verfassung aufnahm. Doch Slowenien ist nicht mehr allein, denn jetzt hat es auch die Interimsregierung in Österreich geschafft, sodass eine Privatisierung des Trinkwassers künftig verfassungsrechtlich verboten ist.

Eigentlich sollte es doch normal sein, dass Trinkwasser in die Verfassung aufgenommen wird, doch das ist es nicht! In Europa wurde nicht nur Griechenland gezwungen, sein Wasser zu privatisieren, sondern auch Portugal. Wollen Länder Kredite von der Weltbank oder IWF – dann ist eine der Bedingungen, dass das Land das Wasser privatisiert!

Um das zu verhindern, muss in der Verfassung eine Landes stehen, dass die Privatisierung des Trinkwassers verboten ist. Uruguay stoppte bereits 2004 so die Privatisierung des Wassers. 2014 folgte Ecuador und bestätigte mit einem Gesetz das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht.

Wasserressourcen sind öffentliches Gut, das vom Staat verwaltet wird. Sie werden vorrangig und dauerhaft dazu verwendet, die Bürger und Haushalte mit Trinkwasser zu versorgen. Sie sind keine Handelsware! Genau so muss es in der Verfassung stehen!

Österreichs Interimsregierung hat damit für die Bevölkerung einen sehr wichtigen Schritt getan, denn auch in Österreich sollte das „blaue Gold“ verkauft werden.

Wasser soll in Österreich nicht privatisiert werden. Dies wurde Dienstag, den 02. Juli 2019 vom Nationalrat in die Verfassung geschrieben. Anlass der Gesetzesinitiative war, dass der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im „Ibiza-Video“ über eine Wasser-Privatisierung philosophiert hatte.

Konkret lautet die Formulierung: „Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere dazu, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten.“

Es waren turbulente Tage in Österreich, nachdem der Ibiza-Skandal bekannt wurde und zum Sturz von Kanzler Sebastian Kurz führte. Seitdem ist die Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein die erste Kanzlerin Österreichs. Im September gibt es Neuwahlen. Bis dahin übernimmt Kanzlerin Bierlein mit einem Team aus Experten die Geschäfte. Dass Österreich dieses Team gut tut, zeigt nicht nur das Totalverbot von Glyphosat, sondern auch die Verankerung in der Verfassung, dass die Privatisierung des Trinkwassers künftig untersagt ist.

Slowenien war das erste europäische Land, das 2016 das Recht auf Wasser in seine Verfassung aufnahm. Die Initiative zu diesem Artikel in der Verfassung kam von Miro Cerar, dem damaligen Premierminister der Zentrum-Links-Regierung. Er hatte die Gesetzesvorlage vorangetrieben, die besagt, dass das Land mit seinen 2 Millionen Einwohnern „Wasser – das flüssige Gold des 21. Jahrhunderts – mit oberster Priorität schützen sollte“. Slowenien hat es richtig gemacht, denn es war das erste europäische Land, das das Recht auf Wasser in seine Verfassung aufgenommen hat: „Wasserressourcen sind öffentliches Gut, das vom Staat verwaltet wird.“ Schon Bolivien, bekannt durch den „Wasserkrieg“, musste erleben, dass eine der Bedingungen für neue Kredite durch die Weltbank die Privatisierung des Wassers war, und hat dieses mit einer Revolution rückgängig gemacht.

Süßwasser ist ein globales Gemeinschaftsgut, für dessen Erhalt und nachhaltige Nutzung die internationale Staatengemeinschaft Sorge tragen muss. Meint man, denn schon lange ist es in den Händen einiger Weniger, die einfach das kostbare Gut „geraubt“ haben. Will ein Land Kredite durch die Weltbank, ist eine der Bedingungen die Privatisierung des Wassers.

Es sind Strukturen, die man nur bei der Mafia vermuten würde. Bereits 2003 empfahlen sogenannte Experten, dass öffentliche Stellen für die Investitionen der Wasserkonzerne bürgen sollen. Bedeutet: Die Wasserkonzerne verdienen Milliarden Euro und bürgen wird der „kleine“ Steuerzahler. Erschreckend, oder?

Vor 10-20 Jahren erhob sich eine Welle der Privatisierung unserer Wasserversorgung und diese wälzt sich seither durch die ganze Welt. Ein Beispiel zeigt London: Damals gab es 10 regionale Wassergesellschaften in England und Wales. Diese 10 Gesellschaften wurden privatisiert. 10 private Monopolgesellschaften entstanden – zu extrem günstigen Bedingungen! Nicht nur war der Preis niedrig, sondern die Unternehmen wurden vorher entschuldet und mit Betriebskapital versehen. Außerdem wurden den Anteilseignern Vergünstigungen bei der Besteuerung der Gewinne zugestanden. Die Privatisierung führte zu stark steigenden Wassergebühren für die Kunden und nicht nur das, für die Instandsetzung der Rohre ist kein Geld da.

Auch in Portugal wurde, nachdem das Land in eine finanzielle Krise geraten war, dass Wasser privatisiert. Mittlerweile haben chinesische Konzerne das kostbare Gut übernommen. Nicht anders in Griechenland: Die Privatisierung war ein Teil des Programms, um von der EU finanzielle Hilfe zu bekommen.

Wasser ist ein Menschenrecht und kein Wirtschaftsgut – so sollte es sein, ist es aber nicht.

WASSER: FIT FÜR FINANZEN? Als Rohstoff besaß Wasser anders als die meisten Rohstoffe – noch keinen Marktwert.

Im Original: Fit to Finance? – World Water Council – ist ein Bericht vom April 2015!  Jetzt schauen Sie sich bitte die sogenannten Experten an, dann werden Sie feststellen, dass außer den jeweiligen Entwicklungsbanken der Länder Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas auch Nestlé, Blackrock, der französische Wasserversorgungskonzern Veolia und die Weltbank dieses „Papier“ ausgearbeitet haben. Sie haben nicht einmal 20 Jahre gebraucht, um sich den Rohstoff Wasser unter den Nagel zu reißen.

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Der World Water Council interessiert sich seit langem für die Finanzierung der Wasserinfrastruktur. Der Rat war maßgeblich an der Gründung des Camdessus beteiligt. Michel Camdessus ist ein französischer Ökonom und Ehrenpräsident der Banque de France – 1984 wurde Camdessus Gouverneur der Banque de France und von 1987 bis 2000 Direktor des Internationalen Währungsfonds.

Michael Camdessus ist der Ansicht: „Der Verbraucher hat noch nie die ‚Gesamtkosten‘ seines Wassers bezahlt und nirgendwo auf der Welt zahlt der Landwirt für sein Wasser eine Summe, die auch nur die Kosten der Ressource deckt.“

Auf die Frage, wie es mit der Privatisierung stehe, meinte Camdessus zwar, das sei nicht sein Problem, sagte aber dann: „Wasserdienstleistungen sind ‚im Allgemeinen‘ öffentliche Versorgungsleistungen, doch heute müssen sie mit dem Privatsektor organisiert werden, weil nur er in der Lage ist, die nötigen Investitionen am kostengünstigsten und effizientesten zu erbringen.“

Der Raubbau des kostbaren Gutes – WASSER – wurde auf der Konferenz von Dublin 1992 „offiziell“ zum „Wirtschaftsgut“ erklärt!

Die Dubliner Erklärung und Agenda 21 1992 war ein wichtiges Jahr für die internationale Süßwasserpolitik. Auf der »Internationalen Konferenz über Wasser und Umwelt« in Dublin, einer vorbereitenden Sitzung zum Erdgipfel von Rio de Janeiro, wurden in der sogenannten »Dubliner Erklärung« vier Leitprinzipien für einen Umgang mit Süßwasser formuliert:

  • Süßwasser ist eine begrenzte und verwundbare Ressource,
    die wesentlich für den Lebenserhalt, die Entwicklung
    und die Umwelt ist.
  • Wassermanagement soll Nutzer, Planer sowie politische
    Entscheidungsträger auf allen Ebenen einbeziehen.
  • Frauen spielen eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung,
    dem Management und dem Schutz von Wasser.
  • Wasser hat einen wirtschaftlichen Wert und soll wie
    ein Wirtschaftsgut behandelt werden!

Parallel zu den Aktivitäten im Rahmen der Vereinten Nationen wurde 1996 der Weltwasserrat mit Sitz in
Marseille gegründet (www.worldwatercouncil.org/).

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http://www.worldwatercouncil.org/en/world-water-forum

Der Weltwasserrat veranstaltet alle drei Jahre ein Weltwasserforum an unterschiedlichen Tagungsorten
mit umfassender Beteiligung der internationalen Staatengemeinschaft sowie der Vereinten Nationen. Auf dem 1. Weltwasserforum (1997) wurde die Erarbeitung einer globalen Wasservision für das 21. Jahrhundert vereinbart, die dann auf der Folgekonferenz in Den Haag im Jahr 2000 unter dem Titel »World Water Vision: Making water everybody’s business« vorgelegt wurde.

Als »wichtigste Politikempfehlung« wurde die Einführung von Preisen für Wasser genannt (zur Kritik siehe Stadtler & Hoering 2003 – Das Wasser-Monopoly: Von einem Allgemeingut und seiner Privatisierung )

Bei der Gestaltung einer nachhaltigen Wasserpolitik soll nach den Vorstellungen der Vision privates Kapital die Belastung der öffentlichen Haushalte reduzieren. Um die Vision des Weltwasserrates zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der globalen Süßwasserressourcen umzusetzen, wird bis 2025 ein jährlicher Investitionsbedarf von 180 Mrd. US-Dollar veranschlagt (Cosgrove & Rijsberman 2000). Die Zahlen sind einfach aus der Luft gegriffen ….

Dass Wasser ein Gemeingut ist, das der ganzen Menschheit gehört, wird heute kaum jemand mehr bestreiten wollen. Aber auf die gewählten Begriffe kommt es an.

Der Wasserexperte der Weltbank, John Briscoe, hat in seiner Eröffnungsrede zum 4. Weltwasserkongress im September 2004 in Marrakesch festgestellt, dass man Wasser als „Wirtschaftsgut“ behandeln müsse. Solange sich diese Sichtweise nicht durchsetze, werde sich das Problem der Unterversorgung nicht lösen lassen.

Anfang 2014 erhielt John Briscoe den Stockholm Water Prize – den „Nobelpreis für Wasser“ – für „beispiellose Beiträge zum globalen und lokalen Management von Wasser – Beiträge zu weiten thematischen, geografischen und institutionellen Umgebungen – die das Leben und den Lebensunterhalt von Millionen von Menschen weltweit verbessert haben. Noch Fragen?

Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt ist der Privatisierung der weltweit wichtigsten Ressource Wasser Tür und Tor geöffnet worden

Längst bemächtigen sich Wirtschaftsunternehmen der immer knapper werdenden Ressource Wasser. Das Geschäft mit dem Wasser ist in vollem Gange. Wasser ist das wichtigste Gut auf unserer Erde. Wasser ist durch nichts in der Welt zu ersetzen. Ohne Wasser ist keinerlei Leben möglich.

In Europa haben Slowenien und aktuell Österreich das Trinkwasser in der Verfassung verankert. Das Trinkwasser darf nicht privatisiert werden, wann folgen die anderen Länder?

von Doro Schreier

Der Krieg der palästinensischen Führer gegen die Verhinderung von Korruption

Englischer Originaltext: The Palestinian Leaders’ War on Preventing Corruption

  • Die Palästinensische Autonomiebehörde hat sich entschieden, gegen Anti-Korruptionsaktivisten vorzugehen, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen und andere davon abzuhalten, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu fordern.
  • Geschichten über die grassierende finanzielle und administrative Korruption in der Palästinensischen Autonomiebehörde überraschen diejenigen nicht, die in den letzten zwei Jahrzehnten über palästinensische Angelegenheiten berichtet haben. Auffallend ist die wachsende Zahl palästinensischer Einzelpersonen und Gruppen, die sich offen dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, und seinen hohen Beamten widersetzen, indem sie über Korruption sprechen und sie aufdecken.
  • Was die palästinensischen Führer ihrem Volk tatsächlich sagen, ist mit anderen Worten, dass jeder, der sich über Korruption beschwert, ein Verräter ist, der mit den Amerikanern und Israelis gegen die Interessen der Palästinenser arbeitet. Diese Anklage trägt nicht nur die Todesstrafe, sondern bringt auch Schande für den Angeklagten und seinen gesamten Klan mit sich. Die Palästinenser haben daher verständlicherweise Angst vor einer solchen Anschuldigung.
  • Die palästinensischen Führer verweigern ihrem Volk nicht nur das Recht auf Institutionen einer angemessenen Regierung, sondern sie tun auch ihr Bestes, um jede Chance auf Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu blockieren, indem sie die bevorstehende Konferenz von Bahrain boykottieren, deren Hauptziel es ist, den Palästinensern wirtschaftlichen Wohlstand zu bieten und sie von gescheiterten Führern zu befreien, deren einziges Interesse es zu sein scheint, ihre eigenen Bankkonten und die ihrer Familienmitglieder zu bereichern.
(Bildquelle: iStock)

Eine wachsende Zahl von Palästinensern fordert, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) ernsthafte Maßnahmen ergreift, um die finanzielle und administrative Korruption unter ihren Spitzenkräften zu beenden.

Anstatt diesen Aufrufen zu folgen, hat sich die Palästinensische Autonomiebehörde jedoch dafür entschieden, gegen Anti-Korruptionsaktivisten vorzugehen, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen und andere davon abzuhalten, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu fordern. Die Maßnahmen der Palästinensischen Autonomiebehörde gegen Antikorruptionsaktivisten haben viele Palästinenser verärgert, die ihre Führer beschuldigen, hohe Beamte zu decken, die im Verdacht stehen, die Macht zu ihrem eigenen Vorteil missbraucht zu haben.

In den letzten Tagen haben die Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland prominente Antikorruptionsaktivisten verhaftet: Fayez al-Sweiti, Mohammed Ayesh und Saed Abu al-Baha.

Sweiti, der eine gemeinnützige Anti-Korruptionsorganisation leitet, wurde verhaftet, nachdem er auf seiner Facebook-Seite ein Dokument veröffentlicht hatte, in dem der hochrangige palästinensische Beamte Hussein al-Sheikh, Leiter der Palästinensischen Generalbehörde für Zivilangelegenheiten und Mitglied des Fatah-Zentralausschusses, beschuldigt wurde, seine Arbeit für persönliche Zwecke missbraucht zu haben.

Obwohl die Palästinensische Autonomiebehörde darauf besteht, dass das Dokument gefälscht sei, sagen mehrere Palästinenser, dass sie gute Gründe haben, es für authentisch zu halten.

Sweitis Sohn Saeb sagte, dass mehr als 20 Beamte der palästinensischen Präventions-Sicherheitskräfte am frühen Morgen das Haus seiner Familie in der Nähe der Stadt Hebron im Westjordanland überfallen haben. Die Beamten, sagte er, beschlagnahmten den Computer, das Handy und andere Dokumente seines Vaters. Sie teilten außerdem seinem Vater mit, dass er sich später am Tag im Büro des palästinensischen Generalstaatsanwalts melden müsse.

Nachdem er über das Dokument, das er auf Facebook geteilt hatte, verhört worden war, wurde angewiesen, Sweiti 48 Stunden in Haft zu behalten. Er wurde jedoch am nächsten Tag nach weit verbreiteten Protesten palästinensischer Menschenrechts- und Antikorruptionsaktivisten freigelassen.

Der zweite Anti-Korruptionsaktivist, Mohammed Ayesh, wurde am 12. Juni verhaftet, als er auf dem Weg zur Arbeit in Bethlehem war, sagte seine Familie. Anfang dieses Monats wurde Ayesh kurzzeitig von palästinensischen Sicherheitskräften festgehalten, nachdem er Premierminister Mohammed Shtayyyeh gefragt hatte, warum seine Regierung Ala’ Bashir, eine Koranlehrerin aus dem Dorf Jainsafout im Westjordanland, verhaftet habe.

Der dritte Mann, Saed Abu al-Baha, der ebenfalls mit der Hamas im Westjordanland verbunden ist, wurde wegen seiner Rolle in der Anti-Korruptionskampagne in den sozialen Medien verhaftet. Kurz vor seiner Verhaftung forderte er die Palästinenser auf, auf die Straße zu gehen, um von ihren Führern Transparenz zu verlangen und gegen die Korruption zu protestieren.

Die Verhaftung der Antikorruptionsaktivisten erfolgte nach einem neuen Skandal, der die Palästinensische Autonomiebehörde in den letzten Wochen heimsuchte. Dokumente, die von Social Media-Nutzern durchgesickert waren, enthüllten, dass die Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde heimlich zugestimmt hatte, die Monatsgehälter ihrer Minister um 67% von 3.000 $ auf 5.000 $ zu erhöhen. Das Gehalt des Premierministers, so die Dokumente, wurde von 4.000 Dollar auf 6.000 Dollar erhöht. Der Skandal um die Gehaltserhöhung hat die Palästinensische Autonomiebehörde ernsthaft in Verlegenheit gebracht, deren Führer diesmal die Echtheit der durchgesickerten Dokumente nicht in Frage gestellt haben. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat die umstrittene Entscheidung mit dem Argument verteidigt, dass sie von der vorherigen Regierung bereits 2017 getroffen wurde.

Die Palästinenser waren nicht die einzigen, die gegen die Entscheidung protestierten, die Gehälter des Premierministers und seiner Kabinettsmitglieder zu erhöhen. Der Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahost-Friedensprozess, Nickolay Mladenov, sagte, dass er mit Premierminister Shtayyyeh sprach, “der sich verpflichtet hat, diese Praxis unverzüglich zu beenden”. Mladenov kritisierte die geheime Gehaltserhöhung und fügte hinzu: “In einer Zeit, in der das palästinensische Volk mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, in der die Gehälter in Gaza gekürzt wurden, trotzen solche Entscheidungen der Logik und der berechtigten Wut der Menschen”.

Ein weiterer Skandal, der kürzlich die Palästinensische Autonomiebehörde getroffen hat, betrifft die Vetternwirtschaft im palästinensischen Außenministerium.

Ein Video, das letzte Woche auf Facebook veröffentlicht wurde, enthüllte, dass die Frau des Botschafters der Palästinensischen Autonomiebehörde in Spanien als Botschafterin in Schweden fungiert, während sein Bruder, der auch den Rang eines Botschafters hat, als Leiter der Lateinamerika-Abteilung in der Abteilung für internationale Angelegenheiten der Fatah arbeitet.

Die Tochter der Botschafterin, so das Video, wurde in Europa zur palästinensischen “Sprecherin” ernannt, während ihr Mann als leitender Mitarbeiter des palästinensischen Außenministers arbeitet.

“Eine einzelne Familie hat all diese Jobs im [palästinensischen] Außenministerium”, sagte eine Bildunterschrift im Anhang des Videos. “Das bestätigt die Korruption durch Vetternwirtschaft im Ministerium.” Das Video behauptet auch, dass Außenminister Riad Malki, der seit 12 Jahren in seiner Position ist, seinen Bruder zum Botschafter in Kolumbien ernannt habe. “Ist dies ein Außenministerium oder ein Familienministerium?” fragte eine andere Bildunterschrift, die das Video begleitet.

Geschichten über die grassierende finanzielle und administrative Korruption in der Palästinensischen Autonomiebehörde überraschen diejenigen nicht, die in den letzten zwei Jahrzehnten über palästinensische Angelegenheiten berichtet haben. Überraschend ist die wachsende Zahl palästinensischer Einzelpersonen und Gruppen, die sich offen dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, und seinen hohen Beamten widersetzen, indem sie über Korruption sprechen und sie aufdecken.

Immer mehr Palästinenser stehen auf – und riskieren ihr Leben (und ihren Arbeitsplatz) – indem sie Social Media Plattformen nutzen, um Korruption zu diskutieren – ein Thema, das in der palästinensischen Gesellschaft lange als Tabu galt. Viele Jahre lang gelang es den palästinensischen Führern, die Aufmerksamkeit von der Korruption abzulenken, indem sie die Hitze primär gegen Israel lenkten.

Belagerte palästinensische Beamte greifen wieder auf diesen zuverlässigen alten Trick zurück. Diesmal sagen sie, dass die Korruptionsvorwürfe verdächtig nahe an der Ankündigung des Plans von US-Präsident Donald Trump für den Frieden im Nahen Osten, auch bekannt als “Deal of the Century”, erhoben werden.

Munir al-Jaghoub, ein hoher Beamter der regierenden Fatah-Partei von Abbas, behauptete, dass das Durchsickern der Korruptionsdokumente sowohl mit der Ablehnung des Trump-Plans durch die Palästinensische Autonomiebehörde als auch mit der von den USA geführten Wirtschaftskonferenz, die Ende dieses Monats in Bahrain stattfinden soll, verbunden sei.

Diese Erklärung soll den Eindruck erwecken, dass die Palästinensische Autonomiebehörde wegen ihrer Ablehnung des Deals des Jahrhunderts einer Art amerikanisch-israelischer Verschwörung ausgesetzt ist. Was die palästinensischen Führer ihrem Volk tatsächlich sagen, ist mit anderen Worten, dass jeder, der sich über Korruption beschwert, ein Verräter ist, der mit den Amerikanern und Israelis gegen die Interessen der Palästinenser arbeitet. Diese Anklage trägt nicht nur die Todesstrafe, sondern bringt auch Schande für den Angeklagten und seinen gesamten Clan. Die Palästinenser haben daher verständlicherweise Angst vor einer solchen Anschuldigung.

Das harte Vorgehen gegen Antikorruptionsaktivisten und der Versuch, die Palästinenser davon abzuhalten, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu fordern, zeigt, wie weit die palästinensische Führung davon entfernt ist, die Korruption zu bekämpfen und ihre hohen Beamten daran zu hindern, die Macht zum persönlichen Vorteil zu missbrauchen.

Die palästinensischen Führer verweigern ihrem Volk nicht nur das Recht auf Institutionen einer angemessenen Regierung, sondern sie tun auch ihr Bestes, um jede Chance auf Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu blockieren, indem sie die bevorstehende Konferenz von Bahrain boykottieren, deren Hauptziel es ist, den Palästinensern wirtschaftlichen Wohlstand zu bieten und sie von gescheiterten Führern zu befreien, deren einziges Interesse es zu sein scheint, ihre eigenen Bankkonten und die ihrer Familienmitglieder zu bereichern.

Khaled Abu Toameh, ein preisgekrönter Journalist mit Sitz in Jerusalem, ist Shillman Journalism Fellow am Gatestone Institute.

Geheimdienst verhöhnt die (angebliche) demokratische Willensbildung

Telepolis hat gestern berichtet, der Britische Geheimdienst GCHQ suche per Stellenanzeige im Guardian Mitarbeiter, die “Gegner” online “frustrieren”. Diese Meldung ist abgesehen von der Unterstellung, die Russen würden im Netz Krieg gegen den Westen führen, interessant: Da wird nämlich unverhohlen zugegeben, dass dieser Geheimdienst die Willensbildung des Volkes zu beeinflussen versucht. Der „demokratische“ Wettbewerb wird gestört. So wird zum Beispiel jede Partei, die für den Abbau der Konfrontation zwischen West und Ost und für friedliche Zusammenarbeit eintritt, mit diesen Machenschaften bekämpft. Von Chancengleichheit der politischen Kräfte keine Spur. Albrecht Müller.

Außerdem muss es ja nicht bei dieser Thematik bleiben. Die Mitarbeiter des Geheimdienstes können zum Beispiel unabhängig oder verbunden mit der Absicht, die „Gegner zu frustrieren“, Reklame für neoliberale Anliegen wie Privatisierung, Entstaatlichung und Deregulierung machen. Oder sie könnten Versuchen, im Netz für ein bisschen mehr soziale Gerechtigkeit und eine bessere Verteilung von Einkommen und Vermögen zu werben, als „gegnerische“ Propaganda betrachten und bekämpfen. Wer will das kontrollieren?

Mir ist klar, dass Geheimdienste wie auch andere politische und wirtschaftliche Kräfte schon immer versucht haben, Wählerinnen und Wähler zu beeinflussen. Das hat zum Beispiel der BND des Herrn Gehlen schon in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts versucht. Aber dass jetzt offen mit Anzeigen Mitarbeiter für dieses antidemokratische Geschäft gesucht werden, ist schon bemerkenswert.

Bemerkenswert ist auch noch, dass die Anzeige im Guardian keine Protestwähler in der britischen Öffentlichkeit ausgelöst hat. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Anteil kritischer Mitbürgerinnen und Mitbürger schon ordentlich geschrumpft ist. Der gelungene Aufbau eines neuen Feindbildes hilft offensichtlich dabei, kritische Geister zurückzudrängen, zu frustrieren und still zu halten. Auf diese gefährliche Entwicklung, auf diesen Verlust an kritischer Potenz sind wir auf den NachDenkSeiten und bei öffentlichen Äußerungen schon des Öfteren eingegangen. So zum Beispiel hier “Über den Verlust des kritischen Denkens und warum wir es wieder brauchen. Vortrag von Albrecht Müller in Heidelberg.” und hier „Aber der Putin! Die übliche Leier, so auch am Sonntag wieder bei Anne Will.“

Leserbriefe zu Bayer und Monsanto

Für alle, die sich noch eigene gedanken machen.

Leserbriefe zu Bayer und Monsanto

04. Juli 2019 um 16:45 Ein Artikel von: Redaktion

Der Artikel, Bayer, Monsanto, die EZB, die taz und eine seltsame Debatte rief die folgenden Leserkommentare hervor. Wir hoffen, dass sie zur Information bei diesem vielleicht trockenen, aber doch sehr wichtigen Thema beitragen. Bemerkenswert ist ja eigentlich auch, dass nicht schon sofort beim Ankauf der äußert umstrittenen Firma Monsanto durch Bayer ein Aufschrei durch die deutsche Öffentlichkeit ging, wie man ihn vor einigen Jahren, als die Grünen noch grün und die Sozialdemokraten noch sozial und die Christdemokraten vielleicht noch christlich waren, erwartet hätte. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
 
als treuer Leser Ihrer Artikel habe ich mich ein wenig gewundert, wie dezidiert Sie Frau Weber am Anfang Ihres Artikels

“Bayer, Monsanto, die EZB, die taz und eine seltsame Debatte”

 
unterstellen, sie würde in ihrem Artikel die Unwahrheit berichten. In der Schnelle konnte ich das komplexe Thema natürlich nicht vollends durchdringen, wenn ich die Mitteiliungen der EZB richtig verstanden habe, ist es doch so, dass Gewinne der EZB, wenn sie denn entstehen, an die lokalen Zentralbanken ausgeschüttet werden, die diese dann in den häufigsten Fällen an die lokalen Staaten weiterreichen.
 
Ihre Argumentation zur Haftung der nationalen Staaten im Falle eines Finanzcrashs nach der Finanzierung Griechenlands behandelt meiner Meinung nach ein anderes Szenario. Es mag sein, dass bei einer “Pleite” der EZB der deutsche Steuerzahler dafür nicht voll haften muss, wenn die EZB aber durch die Finanzierung des Monsanto-Verkaufs endgültig Posten aus ihrem Haushalt streichen, das heisst, wertberichtigen muss, führt das doch – in guten Zeiten in der die EZB einen Gewinn erwirtschaftet – letztlich zu einem niedrigeren Gewinn der EZB, was zu einer niedrigeren Gewinnausschüttung and die nationalen Zentralbanken und letztlich zu niedrigeren Haushaltseinnahmen auch des deutschen Finansministeriums führen würde. Oder habe ich da einen Denkfehler gemacht?
 
Mit freundlichen Grüßen
 Christian Karpus


2. Leserbrief

“Wenn die EZB Staats- oder Unternehmensanleihen kauft, schöpft sie das Geld dafür sozusagen aus dem Nichts…. Der Staat und sein Haushalt – also im weitesten Sinne die „Steuergelder“ – haben damit jedoch überhaupt nichts zu tun. Und selbst wenn es zu einem Konkurs des betreffenden Unternehmens kommt, entsteht erst einmal ein Bilanzverlust in den Büchern der EZB. Auch hier gibt es keinen Grund anzunehmen, dass ein derartiger Bilanzposten auf öffentliche Haushalte, also den Steuerzahler, weitergereicht wird.” nachdenkseiten.de/?p=52849

“Die Monsanto-Übernahme finanzierte Bayer mit der Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen des CSPP-Programms. So wurden für den Kauf Monsantos von der Bayer AG und der Bayer Capital Group Anleihen ausgegebenen, die zum großem Teil von der Bundesbank mit EZB-Geldern aufgekauft wurden – was erst Mitte 2019 angesichts des drohenden Konkurses öffentlich wurde.[53] Die Ausfallrisiken trägt der deutschen Steuerzahler[54]..” de.wikipedia.org/wiki/Monsanto

Wikipedia-Quelle Nr. 54:

“Verlierer des geldpolitischen Aktionismus der EZB könnten auch die Steuerzahler sein. Denn die nationalen Notenbanken haften gemeinsam entsprechend ihrem Anteil am Kapital der EZB für Gewinne und Verluste aus dem Kauf von Unternehmensanleihen. Auf die Bundesbank entfallen demnach rund 25 Prozent des Ausfallrisikos.” WiWo, Juni 2016.

Sehr geehrte Damen und Herren,

diesen Widerspruch verstehe ich nicht. Können Sie bitte helfen?

Vielen Dank, und mit freundlichen Grüßen,
Gudrun Matthies


3. Leserbrief

Liebe Redaktion,

leider sind mir die währungspolitischen Zusammenhänge nicht allzu geläufig, jedoch glaube ich vage Vorstellungen genug zu haben, um bei dem Artikel des geschätzten Jens Berger ein mulmiges Gefühl zu haben. Kann es wirklich sein, daß die EZB beliebig Geld drucken kann, noch dazu bei einer Nullprozentzinspolitik — ohne Folgen für den Steuerzahler, sprich uns alle? Sicher macht es, wie angemerkt, einen Unterschied, wofür das Geld verwendet wird — ob Investoren damit die nächste Blase (Aktien, Wohnungen, Lebensmittel) aufpusten oder in weitestem Sinn Infrastrukturprogramme angeschoben werden. Letzteres ist jedoch unmittelbar kaum Aufgabe der EZB, sondern der öffentlichen Hand.

EZB-Gelder greift ab, wer kann. Wer das ist, kann man sich ausmalen. Es sind Zeitgenossen im letzten Sektor, in dem noch Gewinne erzielt werden, wobei es unser Verderbnis ist, daß es Spekulationsgewinne sind. Die reale Wirtschaft hat davon nichts. Hier wird nichts investiert, da die Nachfrage viel zu schwach ist. Das wiederum liegt an den enormen Belastungen, die von der Bevölkerung zur Begleichung immenser Schulden (dank unproduktiver Sektoren wie Rüstung etc., über die dollar-imperiale Verpflechtung bekanntlich auch die der U.S.A.) zu tragen sind.

Schon indirekt spricht also meiner Ansicht nach einiges für Gaby Webers Überlegungen. Direkt kann ich mich nicht des Gedankens erwehren, daß Geld Gegenwert haben muß. Ist er (etwa bei Nichtbedienen von Krediten) nicht vorhanden, zahlen wir alle über Inflation. Doch diese Zusammenhänge sähe ich gerne von Leuten, die dafür berufener sein dürften als ich es bin, erläutert (etwa Michael Hudson, Stephan Schulmeister oder Ernst Wolff).

Mit freundlichen Grüßen
Michael Ewert.

Antwort Jens Berger:

Lieber Herr Ewert,

die Quantitative Lockerung ist ja keinesfalls unumstritten und vor allem die „Bundesbank-Fraktion“ ist da sehr kritisch. Dabei sind die jetzigen Maßnahmen (so kritikwürdig sie im Detail auch sind) ja eben keine permanente Ausweitung der Geldmenge. Es werden Anleihen (Staats- und in kleinem Umfang Unternehmensanleihen) mit „geschöpften Geld“ gekauft, aber diese Anleihen werden ja auch bedient und das Geld aus der Tilgung verschwindet dann wieder im Nichts.

Sie dürfen die EZB-Hilfen daher auch nicht als eine Art „Zuschuss“ verstehen. Was die EZB in der Tat kann, ist durch ihre Interventionen die Zinsen senken. Die (leichte bis sehr leichte) Senkung der Zinsen für Staatsanleihen und bestimmte Unternehmensanleihen durch diese Programme ist also ein Art Fortführung der Niedrigzinspolitik mit anderen Mitteln. Ob das Aufgabe einer Zentralbank ist, ist in der Tat strittig.

Ihre Vorstellung, dass Geld einen Gegenwert haben muss, ist übrigens spätestens seit dem Ende von Bretton Woods so nicht mehr richtig. Geld ist durch das Vertrauen in die Kaufkraftstabilität des Geldes gedeckt. Und durch nichts anderes. Kredite – und darum geht es hier ja – sind jedoch durch Sicherheiten gedeckt. Bei Staatsanleihen ist das etwas anders. Das Thema ist halt nicht so einfach. Aber wenn Sie Michael Hudson und Stephan Schulmeister lesen, sind Sie da sehr gut beraten. Bei Ernst Wolff wäre ich jedoch vorsichtig 😉

beste Grüße
Jens Berger


4. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

in Ihrer Kritik an Gaby Weber schreiben Sie, dass mit dem CSPP-Programm eine weiterer Anbieter von Fremdkapital am Anleihemarkt auftrete, was einen „zinssenkenden“ Einfluss auf die „betreffenden Anleihen“ habe. Vielleicht wäre diese Aussage wie folgt verständlicher formuliert: Bei (zusätzlicher) Nachfrage nach bestimmten Anleihen durch die EZB steigen deren Kurse und fällt ihre Rendite.

Ein Finanzierungseffekt für Unternehmen ist damit unmittelbar nicht verbunden, weil der Kaufpreis für Anleihen an der Börse nicht dem Ausgabeunternehmen, sondern dem Anleiheverkäufer zufließt. Freilich erhöht es die Bonität einer Anleihe, wenn der Ersterwerber sicher sein kann, sein Kreditengagement möglichst verlustfrei auf die EZB übertragen zu können.

Eine Finanzierung der Monsanto-Übernahme durch die EZB, wie von Gaby Weber diskutiert, läge daher nur vor, wenn die EZB die betreffenden Anleihen unmittelbar bei Ausgabe von Bayer erworben hätte, also tatsächlich einen Kredit an Bayer vergeben hätte. Ein Ankauf der Anleihen am Sekundärmarkt bedeutet demgegenüber nur, einen Kreditvertrag zu kaufen, den das Unternehmen und der Ersterwerber abgeschlossen haben und den der Ersterwerber bereits mit Zahlung der Kreditsumme erfüllt hat.

Die von Ihnen zitierte Fundstelle.

Q2.6: gibt m.E. an, dass Ankäufe am Primärmarkt im Rahmen des CSPP nicht stattfinden.

Damit scheint die ganze Diskussion – Steuergelder hin oder her – nichts weiter als der berühmte Sturm im Wasserglas. Nennen wir es Journalistenblase ;-).
LG
Erik Jochem


5. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

am Anfang Ihres Artikels schreiben Sie: “Gelder, die die EZB im Rahmen ihrer Politik der Quantitativen Lockerung schöpft, sind keine „öffentlichen Gelder“ , wie Gaby Weber es in ihrer Replik formuliert, und schon gar keine „Steuergelder“. Technisch unterscheidet sich von der Geldschöpfung zum Aufkauf von Anleihen durch die EZB fast gar nichts von einem Aufkauf von Anleihen auf Pump durch einen Privatmann oder ein Unternehmen – die EZB muss lediglich verständlicherweise keine Sicherheiten hinterlegen.”

Dies ist sicherlich per Definition richtig. Man könnte sie “politische Gelder” nennen. Erst durch die Direktive der “Politik der Quantitativen Lockerung” ist es der EZB möglich Anleihen in dieser Form zu kaufen.
Kommen wir mal zum Punkt “fast gar nichts” in der Unterscheidung. Jede normale Bank führt im Rahmen der Kreditvergabe eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und Risikoanalyse durch. Bei der EZB hingegen wird dies zu einer (Geld)politschen Entscheidung die undurchsichtiger nicht seien kann. Das ist natürlich fast nichts. Auch nicht Angesichts der Tatsache das Monsanto zum Zeitpunkt der Vergabe schon in immense rechtliche Verstrickungen bei der amerikanischen Justiz verwickelt war und es absehbar war wann die ersten Urteile gegen Monsanto fallen. Mittlerweile werden Vergehen zur Verhandlung gebracht die ins Jahr 1964 zurückreichen.

Weiter geht es mit “Wenn die EZB Staats- oder Unternehmensanleihen kauft, schöpft sie das Geld dafür sozusagen aus dem Nichts. Anleihen sind jedoch (auch nur) eine besondere Form des Kredits. Wenn sie von den ausgebenden Unternehmen, also in diesem Falle den Schuldnern, an die EZB zurückgezahlt werden, verschwindet das Geld auch wieder im Nichts. Nur die Zinsgewinne bleiben im Kreislauf.”. Die EZB schöpft alles Geld im Euroraum aus dem “Nichts”. Meines Wissens nach gibt es für Buchgeld auch keine andere Möglichkeit zur Schöpfung. Was will uns diese Aussage vermitteln? Is ja gar nix passiert? Und Anleihen sind ein Handelsobjekt.
Kein Kredit im eigentlichen Sinne. Einen Kredit bekomme ich (oder auch nicht- siehe wirtschaftlichkeit) zu den Konditionen die mir der Kreditgeber diktiert. Eine Anleihe werfe ich auf den Markt und hoffe das
sie jemand zu meinen Konditionen kauft. In diesem Fall war die Hoffnung wohl berechtigt da die EZB im Vorfeld schon entsprechendes signalisiert hat. Nun zur beschriebenen Win-Win Situation. Es lebe der Konjunktiv.
Wenn die Gelder zurückgezahlt werden. Ja wenn sie das würden dann würde der Zinsgewinn (0%z.Zt) wieder im System landen. Was, wenn nicht? Dann gibt es wohl nur einen “Bilanzverlust in den Büchern der EZB”. Da das Geld ja aus dem Nichts kam ist das wohl marginal. Wie ich einem anderen Artikel von Ihnen entnehmen kann wissen Sie sehr wohl das: “Dieser Passus schließt einen Ausgleich der Verluste, bei dem Geld von außen in das EZB-System transferiert werden müsste, aus. Im „Worst Case“ müssen die nationalen Zentralbanken mit dem Betrag für die EZB-Verluste haften, den sie im gleichen Geschäftsjahr als Gewinn an die nationalen Regierungen auszahlen dürften. Ein darüber hinaus gehender Ausgleich ist weder im EZB-Statut noch in einem anderen rechtlichen Rahmenwerk vorgesehen. Wenn die EZB Verluste macht, muss der Steuerzahler nicht dafür haften.” Haften muss er nicht, aber erklären Sie mal einem Kaufmann, das die Gewinne die er gemacht hat und die er nicht bekommt, weil sie zum Ausgleich für anderweitige Fehlstellen gebraucht werden, keine Verluste sind. Womit wir beim Steuergeld wären. Diese Gewinne, die nicht in den Staatshaushalt fliessen, sind, de Facto, Verluste des Steuerzahlers. Aber Sie haben ja noch ein paar Lebenrettende Konjunktive auf Lager: (EZB-Miese? Kein Problem) “Während Verluste bei Rettungskrediten direkt Steuergeld kosten, lassen sich Verluste der EZB einfach bis zum Jüngsten Tag als rote Zahl in der Zentralbank-Bilanz parken. Die Euro-Zentralbanken könnten sogar weiterhin Gewinne an die nationalen Finanzminister ausschütten. Der EZB-Rat müsste dazu nur beschließen, dass die Verluste aus Anleihekäufen ausschließlich auf die EZB als Zentralinstitut fallen, während die nationalen Zentralbanken ihre Gewinne weiterhin an die Nationalstaaten ausschütten könnten. Die EZB würde damit zum Endlager des Eurosystems und die Begehrlichkeiten der nationalen Finanzminister nach Zentralbankgewinnen blieben weitgehend unberührt.” Ergänzender Konjunktiv: Wäre schön. Ist aber nicht so.

Nächster Konjunktiv : (EZB könnte Verluste bei Anleihekäufen locker Schultern) “Der EZB-Rat müsste dazu nur beschließen, dass die Verluste aus Anleihekäufen ausschließlich auf die EZB als Zentralinstitut fallen, während die nationalen Zentralbanken ihre Gewinne weiterhin an die Nationalstaaten ausschütten könnten. Die EZB würde damit zum Endlager des Eurosystems und die Begehrlichkeiten der nationalen Finanzminister nach Zentralbankgewinnen blieben weitgehend unberührt.” Hat er aber nicht und wird er auch nicht. Wie Sie wohl wissen, werden Devisen international gehandelt. Sowas wie Reputation steht an Devisenbörsen hoch im Kurs. Fragen Sie mal in Venezuela oder Argentinien nach.

Zitat:

“Auch ohne CSPP-Programm der EZB hätte Bayer Monsanto übernommen und hätte dabei im schlimmsten Fall ein paar Basispunkte mehr bei den Zinskosten einkalkulieren müssen.”

Definitiv Nein. Ich bin mir nahezu sicher das verschiedene Banken auf Grund des Risikos schon abgewunken haben. Und bei 63Milliarden wären selbst “ein paar Basispunkte” schon ein gewaltiger Hinderungsgrund.

Ohne auf die Nebelkerzen, die Ingo Arzt in seinem Artikel abfackelt, näher einzugehen möcht ich abschließend noch erwähnen das hier mit dieser Methodik reale Produktionsmittel und Immobilien mit Mitteln erworben werden, die nicht das Papier Wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Nach der, ohne Zweifel anstehenden, Zerschlagung des Bayer Konzerns werden die realen Güter zum Spottpreis an die Holdings gehen.

BTW. Ihre Theorie zu Geldmengen und Inflation ist sehr interessant. Mir ist vollkommen neu das diese beiden Grössen so gar nicht oder nur sehr eingeschränkt miteinander korrelieren. Interessant auch die Informationsquellen über Geldmengen. Besonders die transatlantische.
Aber leider gibt es ja keine unabhängige Kontrollinstanz. Ich denke Ihnen ist schon klar das diese gigantischen Mengen an Geld nur noch nicht da angekommen sind wo sie die Inflation anheizen. Solange die in virtuellen Märkten (Aktien und Derivate) zirkulieren werden sie kaum den realen Markt beeinflussen. Nur über Manager- und Vorstandsboni, mögen sie noch so hoch sein, wird kaum genug auf die Straße gelangen. Was bleibt ist der Eigentumstransfer von realen Werten für noch nicht mal Glasperlen. Es gibt Staaten die machen uns das seit Jahrzehnten vor. 
Kein Geld? Kein Problem. Wir drucken schnell mal welches. – Interessanter Fakt am Rande. Wissen Sie was nach einer Währungsreform oder einem Krieg fast immer Bestand hat? Eigentumsrechte an Produktionsmitteln und Immobilien. Aber ich denke das werden wir noch früh genug merken, wenn Landgrabbing und Trinwasserquellen-Aufkauf in der finalen Phase sind.

Gruß  aus dem Pott

Ralf Oberste

Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und Christine Lagarde als EZB-Chefin: Das sind zwei Fehlentscheidungen mit Folgewirkungen für die Politik in Europa und den Euro.

Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und Christine Lagarde als EZB-Chefin: Das sind zwei Fehlentscheidungen mit Folgewirkungen für die Politik in Europa und den Euro.

AFP/Getty Images

Nein, Ursula von der Leyen hatte niemand auf dem Zettel als Nachfolgerin für Jean-Claude Juncker. Eigentlich war über ihren Rücktritt, wenn nicht ihren Rauswurf aus dem Kabinett Merkel spekuliert worden. Schließlich hat sie als Ministerin versagt und muss sich derzeit vor einem Untersuchungsausschuss dafür rechtfertigen:

Undurchsichtige Vergabe von hunderten von Millionen an Beraterfirmen; persönliche Nähe zu deren Akquistions-Beauftragten, Verwicklung von Familienmitgliedern mit einem der Hauptbegünstigten – das hätte in Zeiten politischen Rest-Anstands für einen Rauswurf gereicht. Unter Angela Merkels Günstlings-Wirtschaft soll dabei eine Beförderung zur Präsidentin der Kommission der EU rauskommen. Wegbefördert aus dem bleiernen Berlin, wo sich mittlerweile sogar Sozialdemokraten und Grüne begannen, von der demonstrativ unfähigen Verteidigungsministerin zu distanzieren. Nicht nur die Kasse stimmt nicht unter ihrer Leitung; sie hat sich als Ministerin der Verteidigung nicht als geeignet gezeigt, eine große Organisation zu führen. Führungsversagen ist wohl die beste Voraussetzungen für den angeblich wichtigsten Job der EU.

Die Liste des Grauens

Dafür steht die Verteidigungsministerin: Gendergerechte Sprache, Extra-WCs für genderfluide Soldaten, ins Weibliche umgedichtete Marschlieder, Schwangerschaftsuniformen für Soldatinnen – das bleibt von ihr und spezielle Einrichtungen in Panzern, damit Schwangere sich beim Einsatz nicht an den scharfen Innenteilen verletzen: Will man ernsthaft schwangere Frauen in den Krieg schicken – oder ist das alles nur eine Show-Einlage? Wohl das Letztere. Unfassbar auch ihre Behandlung eines fragwürdigen Falles des durchgeknallten Oberleutnants, der sich als Flüchtling ausgab und in Wien eine Pistole versteckte. Von der Leyen blies den Vorfall zum rechten Netzwerk auf, ließ jeden Spind nach Nazi-Erinnerungen filzen, beschimpfte die Soldaten – und am Ende? Hängte man ein Foto von Helmut Schmidt ab, weil er als Soldat eine Wehrmachtsuniform trug.

Das sind die Anekdoten, mit der Ursula von der Leyen bekannt wurde. Nicht bekannt wurde sie dafür, ein echtes Problem zu lösen, wie die aktuelle Mängelliste zeigt: „Zeitweise war keines der sechs U-Boote der 212A-Klasse fahrbereit; beim ADAC mussten 6.500 Flugstunden angemietet werden, um Fluglizenzen von Bundeswehrpiloten zu erhalten; von den 128 Eurofightern waren kaum mehr als vier ohne jede Einschränkung einsatzfähig; von 68 Hubschraubern des Typs Tiger waren nur 12 voll einsatzfähig; von den Transporthubschraubern CH-53 waren nur 16 von 72, von den Transporthubschraubern NH 90 nur 13 von 58, vom (neuen!) Transportflieger A400M gerade mal 3 von 15, von den Fregatten 5 von 13 und von den Leopard II-Panzern 105 von 244 „fit“. Von der Flugbereitschaft der Luftwaffe ganz zu schweigen. Sie begleitete die Kanzlerin zuletzt mit einem zweiten Ersatzflugzeug nach Japan – für den Fall, dass wieder mal das eigentliche Flugzeug liegen bleibt“, so der Buchautor Josef Kraus über die Fehlbesetzung.

Wegbefördert wegen Unfähigkeit und Skandalen

Skandälchen, Skandale, Versagen und Beförderung, man muss nur die treueste Dienerin der Kanzlerin sein, dann wird man wegbefördert. Nun ist das Ende der Kanzlerschaft Merkel ja greifbar. Und damit droht Deutschland und Europa eine gewaltige Gefahr: Nämlich, dass jeder irgendwie greifbare Posten mit jemandem aus Merkels Girls-Camp besetzt wird. Die Getreuen der Getreuesten müssen versorgt werden, ob sie für die Aufgabe taugen oder nicht. Kein Preis dafür ist zu hoch. Einen Preis musste Manfred Weber zahlen, der Spitzenkandidat der CDU/CSU für die EU-Wahl. Er sollte als Vertreter der auch nach krachenden Wahlverlusten noch größten Fraktion im EU-Parlament zum Kommissionspräsidenten ernannt werden. So wurde er den deutschen Wählern verkauft. Es war ein Wahlversprechen ohne Wert. Weber wird nichts; als Präsident des Parlaments der EU kann er noch einige Zeit durch Europa geistern, als Beweis, was Versprechungen auf EU-Ebene wert sind: Nichts. Nicht das schwarze unter den Fingernägeln. Aber das ist nur ein Preis, den Merkel bezahlte, und vermutlich gerne.

Und noch eine Skandal-Nudel für Europa

Der zweite war die Aufgabe der EZB-Präsidentschaft. Diese geht an Christine Lagarde, die frühere französische Finanzministerin, die davor Chefin einer großen Anwaltskanzlei war und nach ihrem ebenfalls skandalösen Ausscheiden aus der Politik den Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr schlecht als recht positionierte. Statt Sanierungspolitik stellte sie beim IWF Diversity und Fraunprogramme um; das macht ihn vielleicht nett, aber nicht wirkungsvoller. Hart blieb sie bei Merkels Griechenland-Rettung und forderte strikte Sanierungsbedingungen für die Kreditvergabe – härtere als die Bundesregierung.

Aus ihrer Zeit als französische Finanzministerin hängt ihr allerdings auch ein Makel an: Die Affäre um den französischen Unternehmer Bernard Tapie, dem der französische Staat unter ihrer Obhut die hohe Summe von mehr als 400 Millionen Euro als Schadensersatz im Zusammenhang mit dem undurchsichtigen Verkauf von Adidas in den neunziger Jahren ausgezahlt hatte. Wer genau die Anweisungen für die Riesensumme gab, ist bis heute unklar; ein französisches Gericht sprach sie frei, doch es erklärte sie gleichzeitig für die „Vernachlässigung“ ihrer Amtspflichten verantwortlich. Das verbindet sie mit Ursula von der Leyen. Nun sind es also zwei Skandal-Nudeln an der Spitze Europas: Skandale, die sie wohl nur deshalb überlebte, weil sie eng verwoben ist mit dem Beziehungsgeflecht des Präsidenten und keinerlei Hemmungen hat, ihre Karriere über Anstand zu stellen. Schlimmer allerdings ist:

In der Vergangenheit sollten Notenbankpräsidenten gerade keine Politiker sein, um die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Damit ist es jetzt vorbei. Lagarde wurde von Frankreichs Staatspräsident Emanuel Macron als Geldbeschafferin für die stets klamme Grande Nation installiert. Sie hat sich um den Job beworben, indem sie jedem der umstrittenen Schritte ihres Vorgängers Mario Draghi applaudierte: Der gigantischen Aufkaufaktion von Staatsanleihen, Milliarden über Milliarden, die direkt in die Staatshaushalte fließen. Dazu Null-Zinsen, mit denen die ausfallenden Zinsen für Sparer ebenfalls für die höheren Weihen der Staatskassen geopfert werden. Und weil alles das nicht reicht – kein schlechtes Wort über Negativ-Zinsen, die endgültig die Bevölkerung enteignen sollen. Frankreich ist auf Euro-Geldschöpfung angewiesen – Lagarde wird liefern.

Deutschland zahlt und schweigt

Dabei hatte Frankreich schon einen EZB-Präsidenten – Bundesbankpräsident Jens Weidmann verwies noch im Mai auf die Spielregel der EU: “Sicherlich schlecht wäre der Eindruck, dass bestimmte Nationalitäten von der EZB-Präsidentschaft grundsätzlich ausgeschlossen sind.“ Ein Deutscher stand noch nie an der Spitze der EZB seit ihrer Gründung vor 20 Jahren. Erster Präsident war der Niederländer Wim Duisenberg, dann folgte der Franzose Jean-Claude Trichet, seit 2011 amtiert der Italiener Draghi. Es geht also ganz gut ohne einen Vertreter der Bundesbank, die früher für geldpolitische Solidität stand; und turnusgemäß ist der Bundesbankpräsident immer wieder ohne Stimm- und Rederecht im EZB-Rat: Es gibt dort zu wenig Sitze. Es geht eben ganz gut ohne die Deutschen, die immerhin ein Viertel der EZB-Anteile halten und für ein Viertel der gigantesken EZB-Schulden gerade stehen müssen. Deutschland hätte ja dann eine Kommissionspräsidentin, die offenkundig unfähig ist – und jetzt eine EZB-Präsidentin, die den Euro und die Bürger in seinem Einflussbereich teuer zu stehen kommen wird. Damit ist ein geldpolitischer Weg vorgezeichnet, der besagt: Noch niedrigere Zinsen, noch höhere Belastung der Sparer und Inhaber von Lebensversicherungen, noch weitere Verschärfung der längst bedrohlichen Schieflage deutscher Banken – alles für den Euro und die Kassen Frankreichs, die damit gepäppelt werden können. Ich hatte ja erwartet, dass ein gestutzter Jens Weidmann diese Aufgabe übernehmen sollte – mit Lagarde ist der Zugriff gesichert, ohne Risiko, dass sich einer auf die Tradition der Bundesbank besänne.

Vorurteile über die EU? Mehr als bestätigt

Damit steht am Ende eine Personalentscheidung, die doppelt falsch ist. Jedes Vorurteil gegen die Postenschacherei, die undurchsichtige Gemengelage, das Demokratiedefizit und die personifizierte Unfähigkeit des Spitzenpersonals der EU, jedes dieser Vorurteile wurde bestätigt.

Die schon große Zahl der EU-Gegner wird zunehmen. Man kann ihnen nichts mehr entgegenhalten. Es ist ein Intrigantenstadel, nicht mehr. Sorgen um die EU sind jetzt mehr als berechtigt. Wer dachte, nach Jean-Claude Juncker, seinen angeblichen Rheumabeschwerden, die dazu führten, dass er Schuhe unterschiedlicher Farbe trug – manche würden sich noch nach ihm sehnen, sobald Ursula von der Leyen wirkte.

Noch mehr verstehen jetzt die Befürworter des Brexit und können sich ein Ende mit Schrecken als vorteilhafter vorstellen als diesen permanenten Schrecken ohne Ende. So schafft man EU-Verdrossenheit, die man anschließend mit pompösen Worten und brutaler Einschränkung der Meinungsfreiheit mittels diverser EU-Zensurgesetze bekämpfen wollen wird.

Independance Day: 243 Jahre USA, eine Geschichte erfolgreicher Bürgerbewegungen

Von Herwig Schafberg, Do. 04. Jul 2019

Heute feiern die US-Amerikaner ihren nationalen Unabhängigkeitstag. Er hat seinen historischen Grund in der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776, mit der 13 britische Kolonien an der Ostküste Nordamerikas sich durch ihre Repräsentanten von Großbritannien lossagten; denn die Bürger dieser Kolonien hatten unter britischer Herrschaft zwar weitreichende Selbstverwaltungsrechte gehabt, aber kaum Möglichkeiten zur Mitwirkung an der Steuergesetzgebung und zudem Handelsbeschränkungen zu erleiden. Das wollten viele von ihnen nicht weiter hinnehmen. Der Historiker Herwig Schafberg blickt zurück auf über 240 Jahre erfolgreicher amerikanischer Bürgerbewegungen.

„Gerechte und gleiche Gesetze“ für alle

Der Gedanke, „dass alle Menschen… von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt“ wären, wie es in der Präambel der Unabhängigkeitserklärung heißt, war nicht neu, sondern hatte im Ansatz schon 1620 den „Mayflower Compact“ inspiriert: Als damals die so genannten Pilgerväter – strenggläubige Puritaner – vor religiösen Verfolgungen aus England flüchteten, um in Amerika nach bestimmten biblischen Regeln leben zu können, bekamen sie es während der Schiffspassage auf der Mayflower mit anderen Passagieren zu tun, die sich am Zielort nicht solchen strengen Regeln unterwerfen wollten, und vereinbarten mit diesen die Gründung eines Gemeinwesens, in dem „gerechte und gleiche Gesetze“ für alle – gleich welcher Glaubensrichtung – gelten sollten.

Sie nahmen sich diese Freiheiten, als Menschen auf dem europäischen Kontinent noch fast überall diskriminiert wurden, wenn sie nicht den gleichen Glauben wie ihre Landesherren hatten. Zur gleichen Zeit in der Pilgerväter und andere friedlich miteinander ein neues Gemeinwesen auf amerikanischem Territorium gründeten, schickten im „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“ Fürsten der katholischen Liga ihre Söldner gegen Fürsten der protestantischen Union in den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648), der sowohl die Bürger in den Städten als auch die erbuntertänigen Bauern auf dem Lande so verheerend in Mitleidenschaft zog, dass am Ende die Bevölkerung Deutschlands um mindestens ein Drittel dezimiert war.

1785 – 1783: Unabhängigkeitskrieg

Während in Europa Könige und Fürsten in ihren Ländern für sich die absolute Herrschaft über ihre Untertanen in Anspruch nahmen, traten – kurz vor der Landung der Mayflower im Nordosten – weiter südlich in Virginia Bürger zur ersten gesetzgebenden Volksversammlung in der Geschichte Nordamerikas zusammen: Es geschah 1619, also vor nunmehr 400 Jahren, in Jamestown, das im Jahre 1607 gegründet worden war. Als 2007 das 400-jährige Jubiläum der Gründung Jamestowns gefeiert wurde, meldeten sich allerdings Nachfahren amerikanischer Ureinwohner sowie Schwarzer aus Afrika mit Protesten zu Wort; denn es waren weiße Siedler aus Europa gewesen, die diese sowie andere Siedlungen gegründet hatten und die Besiedlung Amerikas zu Lasten der indigenen Bevölkerung immer weiter vorangetrieben hatten. Und es waren ebenfalls Weiße gewesen, die im Jahr der oben angegebenen Gesetzgebungsversammlung die ersten Schwarzafrikaner als Sklaven nach Jamestown geholt hatten.

An den bedrückenden Verhältnissen für Indigene sowie Sklaven änderte sich auch nichts durch den Krieg um die Unabhängigkeit der 13 Kolonien, aus denen die Vereinigten Staaten von Amerika gebildet wurden. In diesem Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten, 1775 bis 1783, ging es nicht um einen Freiheitskampf von unterdrückten Ureinwohnern gegen Fremdherrschaft wie später in den Kolonien Afrikas und Asiens, sondern um eine Revolution eingewanderter sowie aufstrebender Bürger und zugleich um einen Bürgerkrieg zwischen meistenteils weißen angloamerikanischen Protestanten (WASP). Während die einen weiterhin loyal zur britischen Krone standen, erhoben die anderen sich gegen die Benachteiligung und Bevormundung durch die ferne Obrigkeit in London, kämpften für unbeschränkte Selbstbestimmung und sie trugen den Sieg davon.

Amerikanischer Bürgerkrieg

Dieser revolutionäre Unabhängigkeitskrieg von Bürgern für ihre Rechte und Freiheiten fand in einer Zeit statt, in der die europäischen Herrscher noch Kabinettskriege führten, an denen die Bürger allenfalls als leidende Objekte beteiligt waren, aber nicht als handelnde Subjekte. Selbst als sich nach der Großen Revolution in Frankreich die Verhältnisse zu verändern begannen, Napoleon Bonaparte französische Volksarmeen siegreich durch Europa führte und 1807 das Söldnerheer des Königs von Preußen in der Schlacht von Jena-Auerstädt vernichtend schlug, ließ die preußische Obrigkeit ihren Untertanen lapidar mitteilen: „Der König hat eine Bataille verloren, Ruhe ist jetzt die erste Bürgerpflicht, als sollte es die Bürger nicht tangieren, wie es nach der Niederlage mit Preußen weitergehen würde. Und diese parierten brav – anders als die amerikanischen Bürger, die rund drei Jahrzehnte zuvor mit der legendären Tea Party von Boston (1773) das Signal zur Erhebung gegeben und auf einem Kongreß in Philadelphia (1775) die Aufstellung eigener Streitkräfte beschlossen hatten.

Hatten die britischen Kolonialherren zum Schutz der indigenen Volksstämme die Landnahme jenseits der Appalachen durch weiße Siedler verboten, fiel diese Begrenzung  nach dem Abzug der Briten fort und die Siedlungsgrenzen wurden nach dem Erwerb von Territorien jenseits des Mississippi noch weiter nach Westen ausgedehnt, bis sie im Laufe des 19. Jahrhunderts an den Küsten des Pazifik ihre natürlichen Grenzen erreichten. Während es im Norden der USA mit andauernder Einwanderung aus Europa genügend Arbeitskräftepotenzial für die sich entwickelnde Industrie gab und Bevölkerungsüberschüsse durch die Erschließung weiterer Gebiete im Westen entsorgt werden konnten, gehörte im Süden der Einsatz von schwarzafrikanischen Sklaven zu den üblichen Produktionsbedingungen auf den dortigen Baumwoll- sowie anderen Plantagen, die im Besitz weißer Bürger waren. Die Sklavenhaltung in den Südstaaten stieß freilich auf die zunehmende Kritik einer radikalen Bürgerbewegung vorwiegend im Norden, dessen prosperierende Wirtschaft nicht auf Sklavenarbeit angewiesen war.

Die Spannungen zwischen den Eliten im agrar-wirtschaftlich dominierten Süden und denen im industriell entwickelten Norden wurden dadurch verschärft, dass die einen für Freihandel zum besseren Absatz der Agrarerzeugnisse in Europa eintraten, die anderen jedoch Zollschranken zum Schutz der Industrieprodukte vor britischer Konkurrenz  haben wollten, und entluden sich nach der Wahl Abraham Lincolns zum Präsidenten, auf welche 1861 elf Südstaaten mit der Abspaltung von den USA reagierten. Lincoln war Befürworter von Schutzzöllen und Gegner der Sklaverei, wollte die Entscheidung darüber allerdings anfänglich den Einzelstaaten überlassen, auf keinen Fall aber die Segregation hinnehmen. Daraufhin kam es zum Bürgerkrieg, der 1865 mit der Niederlage der Südstaaten und insofern mit der Reunion der USA endete.

Herstellung der nationalen Einheit in Deutschland von oben herab

Zur gleichen Zeit, als amerikanische Bürger erbittert für oder gegen die Einheit der USA (und für den eigenen Profit) kämpften, kam die Frage der nationalen Einheit Deutschlands wieder auf die politische Tagesordnung, ohne dass die Bürger in Deutschland darauf entscheidenden Einfluss hatten. Anders als der revolutionäre Befreiungskampf amerikanischer Bürger rund 70 Jahre zuvor, scheiterte der Freiheitskampf des deutschen Bürgertums ebenso kläglich wie das Ringen um die deutsche Einheit 1848/49. Im Laufe der 1848er Revolution hatte sich die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zwar für die „kleindeutsche“ Lösung unter Ausschluss Österreichs entschieden und dem König von Preußen die deutsche Kaiserkrone angeboten, der lehnte dieses Angebot jedoch ab, weil er die Krone nicht von Bürgern, sondern allenfalls von Fürsten in Empfang nehmen wollte.

Der spätere preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck spürte freilich, dass die Frage der Einheit nach einer Lösung drängte, und setzte sich über die Bürger hinweg an die Spitze dieser nationalen Bewegung. Er wirkte in dem von ihm 1866 forcierten Krieg gegen Österreich auf dessen Ausschluss aus dem Deutschen Bund hin, schloss mit den anderen deutschen Fürstentümern ein Bündnis und erreichte während des Krieges gegen Frankreich, dass die verbündeten Fürsten Wilhelm I., den König von Preußen, 1871 zum deutschen Kaiser ausriefen. Dieser Gründungsakt des Deutschen Reiches fand zwar unter Ausschluss der Bürger statt, wurde aber von den allermeisten begrüßt. Auch von denen, die 1848 noch gegen die Fürsten auf die Barrikaden gegangen waren, sangen viele nun begeistert die Kaiserhymne: „Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands, heil Kaiser dir…“ Und als dächten deutsche Bürger gar nicht daran, für sich selbst sowie ihre Mitbürger zu kämpfen, sangen sie untertänig weiter: „Wir alle stehen dann mutig für einen Mann, kämpfen und bluten gern für Thron und Reich!“

Hitler versus Roosevelt

Vom Volk war erst rund sechzig Jahre später unter dem Regime der Nationalsozialisten die Rede, allerdings nur an zweiter Stelle, als die Deutschen auf „Führer, Volk und Vaterland“ eingeschworen wurden. Nachdem Adolf Hitler 1933 in Deutschland die Staatsführung übernommen hatte, richteten viele deutsche „Volksgenossen“ ihre Heilserwartungen inbrünstig auf den „Führer“, der diese Erwartungen auch nicht zu enttäuschen schien, als er mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie Kriegsvorbereitungen die Nöte der im Laufe der Weltwirtschaftskrise entstandenen Massenarbeitslosigkeit linderte und zudem mit der Ausplünderung von Juden wie auch – während des Krieges – von anderen Völker den Wohlfahrtsstaat ausbaute, den die meisten Deutschen – von rechts bis links – bis heute nicht missen möchten; denn anders als amerikanische Bürger verlassen sich deutsche Landeskinder gerne auf Fürsorge durch „Vater Staat“.

Etwa zur gleichen Zeit, als in Deutschland der nationalsozialistische Führer Adolf Hitler die Macht ergriffen hatte, war in den USA der Sozialliberale Franklin D. Roosevelt Präsident geworden und gab mit seinem „New Deal“ dem während der wirtschaftlichen Depression in Misskredit geratenen american dream neue Perspektiven. Mit seinen Initiativen sowie Reformen führte er die USA aus der Krise und sorgte für Millionen neue Arbeitsplätze. Vollbeschäftigung wurde allerdings erst im Zweiten Weltkrieg erreicht.

Anders als die Mehrheit der Deutschen, die ihrem „Führer“ zwar nicht begeistert, doch treu ergeben in den Krieg folgten, hielt die Kriegsgegnerschaft der meisten Amerikaner den US-Präsidenten lange davon ab, in den Krieg einzutreten, bis sich die Lage im Dezember 1941 durch den japanischen Angriff auf Pearl Harbour und die darauf folgende Kriegserklärung der Deutschen änderte. Einerseits traten die USA nun an der Seite Großbritanniens sowie der Sowjetunion (UdSSR) in den Krieg gegen Deutschland sowie Japan ein und trugen mitentscheidend dazu bei, dass Europa wie auch Ostasien von der deutschen beziehungsweise japanischen Vorherrschaft befreit wurde; andererseits hatte Roosevelt aber mit amerikanischen Militärinterventionen in Mittelamerika Schluss gemacht, scheute sich allerdings nicht, diktatorische Regime in jener Region zu unterstützen, wenn das im Interesse der USA zu liegen schien, und begegnete Einwänden gegen seine Unterstützung des nicaraguanischen Diktators Somoza mit den Worten: „Ich weiß, dass er ein Bastard ist. Aber er ist unser Bastard!“

Der Hass der Linken auf die „imperialistische USA“

Unterstützung für faschistische oder ähnliche Regime in aller Welt gehörte später zur amerikanischen Strategie im Kalten Krieg gegen den ehemaligen Weltkriegsverbündeten UdSSR. Diese Strategie stieß nicht bloß auf Kritik von Linken in den USA, die während der McCarthy-Ära in den fünfziger Jahren manchen Verfolgungen ausgesetzt waren, sondern auch in Deutschland und anderen Ländern. Die Deutschen waren zwar nicht in der Lage und zum größten Teil auch gar nicht bereit gewesen, sich vom faschistischen Hitler-Regime zu befreien; doch je länger die Befreiung der Deutschen vom Faschismus zurück lag, desto stärker wuchs links der antifaschistische Widerstand. Die Staatsführung der DDR, in der „Antifaschismus“ zur Staatsräson erklärt worden war, ließ 1961 sogar mitten durch Berlin einen „antifaschistischen Schutzwall“ errichten, um die eigenen Bürger davon abzuhalten, in die Arme der „Faschisten“ zu laufen, die angeblich im Westen ihr Unwesen trieben. Dass der Kapitalismus zum Faschismus führen müsste,  glaubten nicht bloß SED-Funktionäre in der DDR, sondern auch viele Linke in Westdeutschland. Sie sahen in der amerikanischen Regierungszentrale die Hauptagentur für Kapitalismus, Faschismus sowie Imperialismus und gaben für ihre Proteste unter anderem die Parole aus: „USA – SA – SS“.

Linke Aktivisten wirkten vor allem in den Studentenbewegungen, die während der 1960er Jahre in fast allen westlichen Ländern aktiv waren, ihre Avantgarde jedoch nicht etwa in Berlin (West), sondern im kalifornischen Berkeley hatten. Mit ihren Protesten gegen die staatliche Politik, die gesellschaftlichen Verhältnisse sowie sittlichen Normen gewannen sie über Studentenkreise hinaus Sympathisanten in großen Teilen der Jugend. Manche Jugendlichen wandten sich von der bürgerlichen Gesellschaft sowie deren Zwängen ab und wollten ihren Traum von einem Leben voller „Love and peace“ verwirklichen, andere dagegen die Gesellschaft revolutionär verändern und wandten sich insbesondere gegen den Imperialismus, der im Vietnam-Krieg besonders heftig zu wüten schien.

Die Friedensbewegung in den USA und in Deutschland

Dieser Krieg stieß nicht bloß auf Proteste linker Aktivisten sowie einiger Humanisten, die an manch einem Tag vorm Weißen Haus in Washington Präsident Lyndon B. Johnson zuriefen: „LBJ, how many Kids have you killed today?“ Auch in der breiten Öffentlichkeit wuchs die Sorge um die Rekruten, die zum Kriegseinsatz nach Vietnam geschickt wurden, und mit dieser Sorge das Verlangen: „Bring our boys home!“ Es waren am Ende nicht so sehr die Erfolge von Widerstandskämpfern im vietnamesischen Dschungel und schon gar nicht die Proteste von Anti-Imperialisten auf den Straßen westlicher Städte, sondern es war die wachsende Friedensbewegung besorgter amerikanischer Bürger, unter deren Druck die militärische Intervention der USA in Vietnam und dessen Nachbarländer beendet wurde.

Hatte die Friedensbewegung amerikanischer Bürger bewirkt, dass Lyndon B. Johnson 1968 auf eine weitere Kandidatur für das Präsidentenamt verzichtete und sein Nachfolger Richard M. Nixon Anfang der siebziger Jahre die US-Truppen aus den Kriegsgebieten in Südostasien zurückholte, mobilisierte die deutsche Friedensbewegung zwar ebenfalls Hunderttausende, als zu Beginn der achtziger Jahre die Frage einer Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in der alten Bundesrepublik auf die parlamentarische Tagesordnung kam, und trug dazu bei, dass Bundeskanzler Helmut Schmidt jeden Rückhalt in seiner eigenen Partei (SPD) verlor, konnte jedoch nicht verhindern, dass unter der Führung von dessen Nachfolger Helmut Kohl (CDU) die Stationierung beschlossen wurde.

Erster Golf-Krieg

Zu Beginn des Ersten Irak-Krieges 1991 kam es auf deutschen Straßen erneut zu größeren Protesten, die in der Forderung gipfelten: „Kein Blut für Öl!“ Der irakische Diktator Saddam Hussein hatte schon rund zehn Jahre den Iran in einen acht Jahre dauernden Krieg mit einer Millionen Toten verwickelt, weil er scharf auf dessen Ölfelder gewesen war, und nach dem Scheitern seiner Expansion im Iran 1990 das ölreiche Kuweit besetzt; aber dass kein Blut für Öl fließen sollte, fiel den friedensbewegten Deutschen erst ein, als US-Truppen mit ihren arabischen Verbündeten zur Befreiung Kuweits ansetzten.

Dass dieser Irak-Krieg bei amerikanischen Bürgern kaum auf Widerstand stieß, lag vermutlich daran, dass er von kurzer Dauer war, vergleichsweise wenig Humanopfer kostete und die USA inzwischen ausschließlich Berufssoldaten hatten, nachdem die Wehrpflicht abgeschafft worden war. Diese hatte während des Vietnam-Krieges dazu geführt, dass viele junge Männer den Kriegsdienst verweigerten, wenn sie einberufen werden sollten. Zu den Bekanntesten gehörte der Boxweltmeister Muhammad Ali, der nicht einsehen wollte, warum er als Schwarzer für Weiße gegen Vietnamesen kämpfen sollte, die ihm nichts getan hätten.

Civil Right Acts – Gleichberechtigung der Schwarzen

Die Sklaverei war zwar schon während des Bürgerkriegs 1863 unionsweit verboten, die Gleichberechtigung von Schwarzen mit Weißen jedoch nach dem Krieg in den Südstaaten durch gesetzliche Rassentrennung an Schulen sowie Universitäten, in öffentlichen Verkehrsmitteln, Kinos, Restaurants sowie anderen Einrichtungen unterminiert worden. Dagegen wandte sich vor allem seit dem Busboykott 1955 in Montgomery eine wachsende Bürgerrechtsbewegung unter der Führung von Martin Luther King, in der neben Schwarzen auch liberale Weiße mitwirkten.

„I have a dream“ war der Refrain jener berühmten Rede, die er zur Vorstellung seiner Vision von einer Gesellschaft ohne rassistische Diskriminierungen am Lincoln Memorial hielt, an dem sich Schwarze und Weiße zu Hunderttausenden nach dem Marsch auf Washington 1963 versammelt hatten. Mit der Bürgerrechtsbewegung und insbesondere mit dem Marsch auf Washington wurde Präsident John F. Kennedy unter Druck gesetzt, Gesetzesinitiativen zur  bundesweiten Beseitigung von Rassentrennung in die Wege zu leiten. Die Durchsetzung erfolgte 1964 mit den „Civil Right Acts“, die von Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson am 125. Jahrestag der Sklavenrevolte von 1839 auf dem Schiff Amistad in Kraft gesetzt wurden.

Deutschlands freiheitlich-demokratische Ordnung: kein Resultat einer Bürgerbewegung, sondern einer Anordnung der Weltkriegssieger

Während es die Amerikaner mit ihren Bürgerrechtsbewegungen vom „Mayflower Compact“ (1620) bis zur revolutionären Unabhängigkeitserklärung (1776) und über das Verbot der Sklaverei (1863) bis zu den „Civil Right Acts“ (1964) weit gebracht hatten, war in Deutschland das im soziologischen Sinn begriffene Bürgertum mit seiner 1848-Revolution gescheitert und an der von Arbeitern sowie Soldaten durchgeführten, aber unvollendet gebliebenen Novemberrevolution (1918) kaum beteiligt. Makaber ist, dass die erste (Klein-)Bürgerbewegung mit wahrlich durchschlagendem Erfolg (!) die nationalsozialistische Bewegung war, deren Führer nach der Machtübernahme 1933 bürgerliche Rechte sowie Freiheiten beseitigte und seinen „Volksgenossen“ einreden ließ: „Du bist nichts, Dein Volk ist alles!“

Selbst nachdem sie im Zweiten Weltkrieg besiegt sowie zugleich befreit waren von der Unmündigkeit, hielten die Deutschen noch einige Zeit mehrheitlich den Nationalsozialismus für eine gute Sache, die nur schlecht umgesetzt worden wäre, und stellten sich nicht etwa als Teilnehmer einer Bürgerrechtsbewegung, sondern lediglich auf Anordnung der westlichen Weltkriegssieger auf den Boden einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik. Eine radikal kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus fand in Deutschland erst Ende der 1960er Jahre im Rahmen der Studentenbewegung statt, die allerdings nach links über die Stränge schlug.

Studenten- und Frauenbewegung

Wie weiter oben angedeutet, war die deutsche Studentenbewegung von der amerikanischen inspiriert und erfasste diesseits wie jenseits des Atlantik breite Kreise der Gesellschaft. Im Zusammenhang damit erhielt auch die Frauenbewegung weiteren Anschub. Bevor es in Deutschland so weit war, dass sich die ersten Frauengruppen konstituierten, gab es in den USA längst ein Netzwerk für solche Organisationen und Initiativen, zu denen neuerdings auch die me-too-Bewegung mit ihrer weltweiten Verbreitung in den sozialen Netzwerken gehört.

In den Vereinigten Staaten hatten Frauen schon relativ früh erreicht, dass Gesetze zum Schutz von Frauen vor sexuellen Übergriffen in Kraft traten. Sie wirkten allerdings nicht immer im Sinne der Gesetzgebung, wie sich beispielsweise im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen Präsident Bill Clinton in den 1990er Jahren zeigte: Am Ende kam Clinton unbeschadet davon, doch seine Praktikantin Monica Lewinsky war vor aller Welt als ganz spezielles Schleckermäulchen bloßgestellt und Millionen amerikanischer Mütter wurden von ihren Kindern mit der Frage in Verlegenheit gebracht: „Mum, what is oral love?“

Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Homosexuellen

In der letzten Woche jährte sich zum 50. Mal der Christopher Street-Day (CSD), an den im Laufe dieser Wochen wie in jedem Jahr weltweit mit Demonstrationen erinnert wird. Da es in den USA ebenso wie in Europa damals noch als „anstößig“ galt, wenn Männer zärtlich zueinander waren, kam es immer wieder zu Polizei-Razzien und Festnahmen in Lokalen, in denen Homosexuelle verkehrten. Aber in der Nacht zum 28. Juni 1969 wollten Gäste im „Stonewall“ an der Christopher Street von New York sich das nicht länger gefallen lassen und lösten die „Stonewall riots“ aus, die in der Christopher Street zu heftigen Scharmützeln  zwischen Homosexuellen und der Polizei führten.

Die „Gay liberation“ erhielt dadurch gewaltig Auftrieb und erreichte, dass die rechtliche Diskriminierung von Homosexuellen beseitigt wurde. Das fand allerdings keinen Beifall von christlichen Fundamentalisten, von denen manche sich nicht einmal scheuten, ihre Ablehnung am Rande von Beerdigungen ermordeter Homosexueller zu demonstrieren, so dass Gegendemonstranten – als Schutzengel verkleidet – einen Ring um die Trauergemeinde bildeten und den Trauernden so den Anblick der schwulenfeindlichen Protestierer ersparten. Um Schwulen- wie auch Rassenfeindlichkeit wirksamer bekämpfen zu können, wurde ein Gesetz zur Ahndung diesbezüglicher „Hassverbrechen“ verabschiedet, das Barack Obama bald nach seinem Amtsantritt als Präsident der USA unterzeichnete und damit in Kraft setzte.

Die antiamerikanischen Ressentiments der Linken

Dass Obama nicht mehr im Amt ist und an dessen Stelle nun Donald Trump im Weißen Haus sitzt, dürfte vielen Linken in Deutschland klammheimlich Freude bereiten; denn solange sie es zur Abschreckung mit US-Präsidenten vom Schlage eines Donald Trump, George W. Bush oder Ronald Reagan zu tun haben, lassen sich Zweifel an ihrem Feindbild leichter beseitigen als zur Amtszeit von Männern wie Barack Obama, Bill Clinton oder John F. Kennedy, die zwar ebenfalls den US-Imperialismus repräsentierten, andererseits jedoch den Kampf für Bürgerrechte unterstützten und für den Schutz von Minderheiten sowie deren Emanzipation sorgten.

Dass die amerikanischen Bürgerrechts- sowie Emanzipationsbewegungen so erfolgreich gewesen sind und auch vergleichbare Bewegungen in Deutschland maßgebend beeinflussten, scheinen viele Linke, aber auch manche Liberale in Deutschland weniger im Blickfeld zu haben als das, was evangelikale Fundamentalisten im Bibelgürtel oder „Hillbillies“ in anderen ländlichen Gebieten der USA bewegt und die antiamerikanischen Ressentiments Linker zu bestätigen scheint.

Sterbehilfe: Menschenrecht auf selbstbestimmtes Sterben wurde gestärkt – Der Umgang mit Sterbewilligen bleibt skandalös

Der Bundesgerichtshof hat das Recht der Menschen auf ein selbstbestimmtes Lebensende gestärkt. Das gute und wichtige Urteil lenkt den Blick auf den anmaßenden aktuellen Umgang des Bundesgesundheitsministers mit Sterbewilligen. Hoffnung liegt auf dem Verfassungsgericht, das im Herbst über „geschäftsmäßige“ Sterbehilfe urteilt. Von Tobias Riegel.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mittwoch zur Sterbebegleitung durch Ärzte ist sehr zu begrüßen: Der BGH hat festgestellt, dass Ärzte nicht verpflichtet sind, Patienten nach einem Suizidversuch gegen deren Willen das Leben zu retten. Der 5. Strafsenat des BGH bestätigte damit in einem wegweisenden Verfahren zwei Urteile der Landgerichte in Berlin und Hamburg. Diese Gerichte hatten entschieden, dass der Wille der Patienten entscheidend ist und hatten die Ärzte freigesprochen.

„Epochales Urteil für das Selbstbestimmungsrecht“

Der Verein Sterbehilfe Deutschland bezeichnete das Urteil in einer Erklärung als eine „für das Selbstbestimmungsrecht epochale Abkehr“ von einem Urteil aus dem Jahre 1984. Damals hatte der BGH entschieden, dass begleitende Ärzte zur Lebensrettung verpflichtet seien, sobald der Sterbewillige bewusstlos geworden sei. Laut Verein habe das bedeutet, dass der Sterbehelfer die Sterbewilligen verlassen musste, bevor diese bewusstlos wurden. „Mit dieser unwürdigen Situation ist nun Schluss“, erklärte der Verein, der vom früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch geleitete wird.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte dagegen die Bestätigung des Freispruchs für den Berliner Arzt als unverständlich, wie EPD meldet: “Tagelanges Ringen mit dem Tod, Hausbesuche zur Todesfeststellung und aktive medizinische Hilfestellung sind keine Sterbebegleitung oder palliative Therapie”, erklärte die Stiftung: “Der BGH hätte die Aufgabe gehabt, dies klarzustellen.“ Auch Hamburgs Ärztekammerpräsident Pedram Emami zeigt sich enttäuscht vom BGH-Urteil.

Das Lebensende – Unter würdigen Umständen und in Begleitung

Insgesamt ist die Reaktion in Medien und Öffentlichkeit aber verhalten positiv. Während sich die meisten Medien auf wertfreie Meldungen des Vorgangs beschränken und auf Meinungskommentare weitgehend verzichten, wurde es etwa vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und von der Vorsitzenden des Europäischen Ethikrates Christiane Woopen eindeutig begrüßt, wie Woopen betont:

„Ich halte das für ein sehr wichtiges Urteil, weil es Patienten und Ärzte stärkt“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Es macht deutlich, dass Ärzte ihre Patienten bei einer selbstbestimmten Selbsttötung nicht alleine lassen müssen, sondern sie begleiten dürfen.“ Eine Selbsttötung solle niemals eine gleichsam normale Option sein, betonte Woopen. „Wenn aber ein Mensch nach Beratungen und gründlichem Überlegen sowie nach längerer Bedenkzeit in Ausübung seiner Selbstbestimmung sich selbst töten möchte, um schweres Leiden zu beenden, das anders nicht beendet werden kann, dann sollte er dies unter würdigen Umständen und in Begleitung tun können“, so die Medizin-Ethikerin.

Es muss andererseits aber auch unbedingt sichergestellt werden, dass jeder Verdacht der äußeren Einflussnahme auf die Sterbewilligen – etwa durch Verwandte – restlos ausgeschlossen werden kann. Weitere Hintergründe zum aktuellen Urteil sowie Informationen zum sogenannten „Peterle-Urteil“ aus den 80er Jahren gibt es etwa hier.

Begleitung am Lebensende soll als „Geschäftemacherei“ diffamiert werden

Das aktuelle Urteil des BGH lenkt den Blick auf zwei weitere Aspekte des drängenden Themas: Zum einen auf ein im Herbst erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den zu recht hoch umstrittenen und destruktiven Paragrafen 217 StGB zum Verbot der „geschäftsmäßig organisierten” Beihilfe zur Selbsttötung. Der 2015 eingeführte Paragraf soll eine organisierte Form der Suizidbeihilfe unmöglich machen und sie als „Geschäftsmodell“ diffamieren. Dass ein Verein, der Unkosten hat, diese auch ausgleichen muss, wird dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Schwer Kranke, Ärzte und Sterbehilfe-Vereine haben dagegen vor dem Gericht in Karlsruhe geklagt.

Jens Spahn und seine anmaßende Weisung gegen die Sterbewilligen

Der andere Aspekt ist das inakzeptable aktuelle Verhalten des Bundesgesundheitsministeriums gegenüber Sterbewilligen, denen pauschal die notwendigen Arzneien verweigert werden. Zu diesem Punkt hatte das Bundesverwaltungsgericht 2017 entschieden, dass der Staat unheilbar Kranken in extremen Ausnahmesituationen den Zugang zu einem tödlichen Medikament nicht verwehren dürfe. Seither gingen zahlreiche Anträge beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein. Genehmigt wurde kein einziger – aufgrund einer anmaßenden Weisung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Anträge auf Freigabe von Sterbehilfe-Medikamenten pauschal abzulehnen. Das geschehe angeblich auch mit Blick auf Paragraf 217 StGB zum Sterbehilfe-Verbot.

In was für eine juristisch und moralisch fragwürdige Situation diese Weisung Spahns das zuständige Arzneimittel-Bundesinstitut bringt, hat gerade der „Tagesspiegel“ berichtet: Das Institut soll einerseits sämtliche Anträge auf tödliche Medikamente ablehnen, will aber dennoch – offiziell – jeden Einzelfall prüfen.

Verfassungsgericht kritisch und öffentlich begleiten

Das kommende Urteil des Verfassungsgerichts ist daher unter vielen Gesichtspunkten zentral: Es sollte kritisch und mit möglichst viel Öffentlichkeit begleitet werden. Die Beibehaltung der betreffenden Paragrafen und die daraus folgende Unmöglichmachung einer angemessenen (und ja: Kosten verursachenden) organisierten Sterbebegleitung wären ein Skandal.

Die Folge wäre zudem mutmaßlich eine Stärkung des „Suizid-Tourismus“ von Deutschen in die Schweiz, wie sie etwa hier beschrieben wird. Die Kosten für den Einzelnen würden dadurch nochmals in die Höhe schnellen, was die Sterbewilligen noch stärker in die Gruppen der Begüterten und der weniger Begüterten trennen würde. Wie progressiv die Schweiz mit dem Thema umgeht und wie sehr sie dabei den Bürgerwillen respektiert, wird hier beschrieben.

Die deutsche Politik und die Heuchelei bei der Sterbehilfe

Wem dagegen die deutschen Bürger den Paragrafen 217 StGB namentlich zu verdanken haben, das betont der Verein Sterbehilfe Deutschland in einer Mitteilung:

„Am 6. November 2015 beschloss der Deutsche Bundestag § 217 StGB, der in verfassungswidriger Weise das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende einschränkt.
Katarina Barley stimmte damals mit Nein. Mit Ihrem Ausscheiden aus dem Bundeskabinett gibt es dort niemanden mehr, der sich für die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts engagiert. Vom aktuellen Bundeskabinett hatten Angela Merkel und neun Ministerinnen und Minister für § 217 StGB gestimmt (Altmeier, Braun, Heil, Karliczek, Lambrecht, von der Leyen, Müller, Scheuer, Spahn). Die übrigen sechs Ministerinnen und Minister (Giffey, Klöckner, Maas, Scholz, Schulze, Seehofer) hatten kein Stimmrecht, weil sie 2015 nicht Mitglied des Deutschen Bundestages waren. Aber auch sie haben § 217 StGB entweder befürwortet oder durch Schweigen gebilligt.“

Man fragt sich, worauf die Sicherheit der betreffenden Politiker beruht, selber nicht eines Tages von dem zentralen Menschenrecht auf selbstbestimmtes Sterben Gebrauch machen zu wollen. Möglicherweise ist hier aber auch die eigene Heuchelei schon fest eingeplant – gepaart mit der Gewissheit, im Fall der Fälle als begüterter Ex-Minister oder Richter schon Mittel und Wege zu finden, die selbst veranlassten Gängelungen sterbewilliger Bürger zu umgehen. Diese mutmaßlich schon eingeplante „späte Einsicht“ von Menschen, wenn es einen schließlich selber betrifft, ist hier moralisch zu verdammen – auch und gerade bei Politikern, Kirchenfunktionären oder Redakteuren, die den Sterbewilligen aktuell den würdevollen Tod verweigern wollen